Interviews / Musik

Gefragt: ABBY

Wer waren noch mal Abby? Im Jahr 2013 wurden ich und viele andere auf die vier Jungs aus Berlin aufmerksam. Ihr Song „Streets“ konnte man in einem Film Soundtrack und bei Viva hören. Getourt wurde mal mit Everything Everything und das Debütalbum „Friends & Enemies“ wurde in London aufgenommen. Danach wurde es ruhiger um die Band, ist ja auch klar, wenn am zweiten Album gearbeitet wird.

Heute wird „Hexagon“, das zweite, obwohl es sich für ABBY wie das Debütalbum anfühlt, erscheinen. Warum sie sich mit diesem Album sicherer fühlen und ob die Geschichte von Abby weitererzählt wird, hat Filou mir im Interview verraten.

HDIYL: Mit dem ersten Album „Friends & Enemies“ erzählt ihr die Geschichte von Abby und ihrem Freundeskreis. Da stellt sich mir die Frage, ob denn die Geschichte auf eurem neuen Album „Hexagon“ weitererzählt wird?

Filou: Die Geschichte wird gar nicht weiter erzählt. Aber es bleibt persönlich, ohne dass die Geschichten aus Abbys Sicht erzählt werden. Also ohne diesen speziellen Filter. Das Album hat dieses Mal kein Überthema, keinen thematischen Ablauf. Es sind Tracks, die gemeinsam eine Stimmung ergeben.

HDIYL: Das heißt, ihr habt mit dem ersten Album schon alle Geschichten von Abby erzählt?

Filou: Man hätte weiter machen können, aber wir wohnen nicht mehr in derselben Stadt. Wir haben unser eigenes Leben hier in Berlin gefunden, das andere hat sich nicht mehr richtig angefühlt. Wir wollen, dass die Geschichten und Themen ungefiltert rausgehen.

HDIYL: Gut, dann hat sich die zweite Frage schon erledigt. Ich bin davon ausgegangen, dass ihr die Geschichte weitererzählt und dass der Freundeskreis jetzt zusammengefunden hat – inspiriert von den Covern der beiden Alben – bei „Friends & Enemies“ ist es ein Baum mit den Namen der Protagonisten, und jetzt eine Bienenwabe oder ein Hexagon, ein sehr stabiles Element. Wenn ihr die Geschichten jetzt direkt erzählt und nicht mehr gefiltert, wie Du sagst, und aus einer anderen Perspektive – haben dann doch alle zusammengefunden?

Filou: Das trifft natürlich auf das Musikalische zu. Wenn du darauf hinaus wolltest.

HDIYL: Würdest Du sagen, dass ihr auf dem ersten Album noch euren Stil gesucht und ihn jetzt gefunden habt?

Filou: Definitiv. Wir gehen sogar soweit, dass wir sagen, das erste Album war eher eine Skizze und Hexagon fühlt sich eher nach dem ersten wirklichen Debütalbum an. Weil wir es zum ersten Mal geschafft haben, das zu kanalisieren, was bei uns rauskommt und es auf den Punkt zu bringen.

HDIYL: Das passt jetzt wiederum gut zu meiner nächsten Frage. Ihr habt für Hexagon keine Demos aufgenommen. Ist das eine Herangehensweise, die ihr weiterführen möchtet?

Filou: Naja, nee. Man sucht sich bei jedem Album einen neuen Aufhänger. Bei der letzten Platte haben wir Demos aufgenommen und die sind dann beim Produzenten in London gelandet. Damals haben wir zum größten Teil die Platte auch live eingespielt. Dieses Mal haben wir uns dazu entschieden, die Platte selbst zu produzieren, was es einfacher gemacht hat. In Zuge dessen haben wir auch beschlossen, dass gleich zu starten und keine Demos aufzunehmen. Alles, was wir anfangen, gleich richtig in die Tat umzusetzen. Wir wollen eine Songidee bis zum Ende bringen, da eine Songidee bei uns vieren sowieso schnell über Bord geworfen werden kann, weil jeder seine Meinung dazu äußert und seinen Teil dazu bringt. So haben wir uns einen Schritt gespart.

HDIYL: Na wenn man Schritte zusammenfassen kann, ist das ja gut. Bereut ihr es im Nachhinein, keine Demos aufgenommen zu haben, weil man manche Lieder hätte verbessern können, wenn man sie jetzt im Nachhinein nochmal hört?

Filou: Nö, gar nicht. Klar hätte man an dem einen oder anderen Song mehr machen können. Das ist aber normal, das hat jeder und das ist Tagesform abhängig. Wir denken aber, dass jeder Song so geworden ist, wie er werden musste.

HDIYL: Solang ihr zufrieden seid, ist ja alles gut. Oder nicht?

Filou (lacht): Ja, wir sind glücklich mit dem Album.

HDIYL: Habt ihr damit gerechnet, dass Berlin so einen großen Einfluss auf eure Musik haben wird?

Filou: Ja, naja im Endeffekt betonen wir zwar immer, dass Hexagon ein Berlin-Album ist, vor allem deswegen, weil wir hier alles geschrieben und aufgenommen haben. Das letzte Mal waren wir ja beim Aufnahmeprozess in London. Damals hat man auch diesen Einfluss gespürt. Berlin ist eine tolle Stadt. Für viele auch eine einflussreiche Stadt, wie für uns. Ein Album ist immer von den Surroundings beeinflusst. Wir leben ja auch in Berlin. Berlin hat uns ja auch unabhängig von der Musik als Menschen geprägt. Das ist ein großer Aspekt, der nicht nur auf den Sound bezogen ist.

HDIYL: Das sprecht ihr ja auch schon in eurem kleinen Dokufilm an. Wie kam es denn dazu? War das eure Idee?

Filou: Nee, tatsächlich kam da jemand auf uns zu. Ich glaube solche Sachen überlegt man sich selbst nicht. Es ist ein sehr schöner Film geworden. Wir wurden von einem Freund auf die Idee gebracht, der das mit uns machen wollte. Und wir sind sehr froh darüber. Er greift ziemlich stark die Stimmung auf, die uns sehr entspricht, vor allem auf dem Song, der darunter liegt – „Halo“.

HDIYL: Ja, das ist mir auch aufgefallen. Ich habe mir zur Vorbereitung nochmal euer Debütalbum angehört. „Friends & Enemies“ klingt nach mehr Sonnenschein. Verstehst du, was ich meine?

Filou: Ja, das ist absolut so. Lustiger weise fragen wir uns immer, woher dieser Sonnenschein kommt, weil wir gar nicht solche Typen sind. Ich finde, dass die Stimmung, die Hexagon trägt, viel eher uns entspricht. Eigentlich, wenn man sich mit den Songs vom Debütalbum beschäftigt, oder auch davor, findet man diese Stimmung schon.

HDIYL: Ja, das stimmt. Aber man achtet doch zu aller erst auf die Melodien und dann erst auf die Texte. Die Musikvideos nimmt man ja auch mit als erstes wahr.

Filou: Ich glaube, bei den Texten wird nun auch vieles deutlicher, was bei Friends & Enemies noch nicht klar formuliert war. Schon beim ersten Album finden sich Themen, die beispielsweise bei „Halo“ auch vorkommen. Zum Beispiel Verlust, Tod und Selbstmord. Die Themen waren alle auch schon bei Friends & Enemies zu finden, doch noch nicht so klar formuliert und in die Stimmung versetzt. Es braucht den Text, um das zu deuten. Die Musik war bei Friends & Enemies doch manchmal freundlich. Und die Texte hatten einen ganz anderen Hintergrund, der dann nicht verstanden wurde. Es war wahrscheinlich nicht eindeutig genug. Deswegen haben wir auch das Gefühl, dass wir es uns bei Hexagon gefunden haben, sowohl textlich, musikalisch sowie vom Sound her. Wir waren davor schon eine super intakte Gruppe, man reift ja auch über die Jahre miteinander und wird immer besser. Ich glaube, wir sind auf dem neuen Album auch kompromissloser geworden.

HDIYL: Wir haben ja vor zwei Jahren schon mal ein Interview geführt und dort hast du verraten, dass euer Plan für die Zukunft es ist, die zweite Platte weltweit zu veröffentlichen und verstärkt in Europa zu spielen. Habt ihr diesen Plan verfolgt?

Filou: Ja, absolut. Das Album ist jetzt auch weltweit ab Oktober erhältlich. Einen richtigen Release haben wir in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In den anderen weltweiten Territorien wird das Album ab Oktober erhältlich sein, außer ein Label kommt auf uns zu und möchte es richtig releasen. Dazu kommen Kooperationen. Das Label „Diynamic/2DIYA“ releasen die Remix EP „Halo“. Das wäre dann auch ein weltweiter Release für diesen Track. Wir arbeiten ganz klar in die Richtung und sind auch immer sehr darauf bedacht, dass wir im nächsten Jahr wieder Festivals im Ausland spielen und kleine Trips ins Ausland machen. Es ist unser Plan, in Europa zu touren bzw. in den angrenzenden Ländern. Und Hexagon ist auch ein wichtiger Schritt dahin. Auch aus unserer Sicht musikalisch ein Ticken internationaler als das erste Album.
HDIYL: Naja, ihr habt ja mit dem ersten Album auch schon ausverkaufte Shows in London gehabt, dann sollte das mit Hexagon ja auch funktionieren, wenn ihr euch mit dem Album so sicher seid.

Filou (lacht): Hoffentlich.

HDIYL: Dann kommen wir auch schon zu meiner letzten Frage, die ich zum Schluss gerne stelle. Habt ihr momentan ein Lieblingslied oder ein Lieblingsalbum?

Filou: Ich finde, es gibt seit langem keine aktuelle Platte, die ich empfehlen könnte. Es sind vielmehr Songs von gewissen Leuten. Man kann sagen, dass unsere Band ein großer Nicolas Jaar – Fan ist. Der hat vor kurzem einen neuen Song herausgebracht, der super vielversprechend klingt. Das ist auch noch so ein langer Titel: „The three sides of Audrey and why she’s all alone now”. Vor allem der Künstler ist interessant.

Vielen lieben Dank für das Interview!

Musikalisch haben sich ABBY auf alle Fälle verändert, das hört jeder. Ob es jedem gefällt, der schon „Friends & Enemies“ verfallen ist, kann ich nicht sagen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir gefallen beide Alben sehr gut, weil wenn ich Lust auf Sonnenschein habe, dann wird das Debütalbum mit meinem Lieblingslied „Evelyn“ gehört und wenn es etwas von der Stimmung her intensiver sein soll, dann „Hexagon“. Es ist interessant und man muss dem Album seine Zeit geben, um sich daran gewöhnen. Es ist eine Veränderung, aber eine gute!

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/ Text: Matilda Pfeil / Bild: Sophie Krische, Universal Music /