Schreibschwein © David Häuser
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Deutschlands größter Escape Room

Es ist wie beim allseits beliebten Gesellschaftsspiel „Das verrückte Labyrinth“: Das Ziel feste vor Augen hat man Hürden überwunden und Gegner ausgetrickst, ist bereit für den finalen Spielzug und damit glorreichen Sieg und – ZACK! kommt von links eins daher und macht den ganzen Pfad kaputt. Wo grade noch ein schöner Weg entlangführte, ist jetzt nurmehr ein tiefer Graben, eine hohe Mauer oder Stromschnelle, über die hinweg es schlichtweg keine Möglichkeit gibt. Da steht man dann, als armer Tor, und ist so klug als wie zuvor – und gezwungen, alles neu zu überdenken … So in der Art geht es mir, seitdem ich inmitten Nürnbergs größter Baustelle lebe. Will sagen: Inmitten Deutschlands größtem Escape Room. Das Prinzip dieser Livespiel-Einrichtungen ist immer ähnlich. Menschengruppen wechselnder Größe werden in einen Raum gesperrt, der gemäß eines Mottos gestaltet ist. Gruselschloss, Gefängniszelle oder eben Baustelle. Den Menschen muss es nun innerhalb einer bestimmten Zeit gelingen, sich mittels Rätseln und Geschicklichkeitsaufgaben aus dem Raum hinauszuknobeln. Die Aufgabe hier: Gelange von deiner Haustür A in den nahegelegenen Stadtpark B / die Apotheke C / den Supermarkt D, ohne dass es zu Personenschäden, Handgemengen, Entleibungen oder Auffahrunfällen kommt. Hindernisse wie Hängebrücken oder Fußgängerampeln dürfen genutzt, müssen aber erst mal gefunden werden. Hindernisse wie klaffende Bodenlöcher, meterlange Absperrungen oder breite Gräben dürfen keinesfalls überwunden werden, sondern bedürfen einer weiträumigen Umgehung. Beinahe täglich versuche ich mich dieser Aufgabe zu stellen – beinahe täglich werde ich mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Dort, wo gestern noch eine Verkehrsinsel war, ist heute eine tiefe Grube. Da, wo ich neulich noch die Straße queren konnte, ist jetzt weit und breit nur wutschnaubender Verkehr. An der Stelle, wo unlängst noch ein Laden bequem umschifft werden konnte, ist jetzt eine Schikane in Form einer Engstelle bierfilziger Größe, an der Passanten, Fahrräder, Kinder, Rollstühle und Kleiderständer mit kreischbunten Sale-Angeboten lustiges Ballett tanzen. Allen Aufgaben gemein ist, dass ich das Ziel zwar immer sehen kann – beispielsweise den Supermarkt genau gegenüber auf der anderen Straßenseite – allein der Weg dorthin gänzlich im Verborgenen liegt. Es gilt dann, geschickt Strömungen und Bewegungen zu beobachten und daraus eine Lösung abzuleiten oder sich zu Bedarfsgemeinschaften zusammen zu finden und gemeinsam zu pfadfindern. Herrlich! Und sehr verbindend. In echten Escape Rooms kann sich die Spielleitung einschalten und per Lausprecher Tipps geben, wenn die Verzweiflung allzu groß wird. Ein Service, den ich mir für hier auch wünsche: „Mensch Wasmeierin, geh halt noch einen Meter vorwärts, dann siehst du einen Wegweiser und gleich dahinter die Ampel. Obacht: Um die Ecke ist eine gespannte Hundeleine, von links kommt gleich ein Lastenrad und die Grünphase dauert nur zwei Sekunden!“ So könnte das gehen.

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~