Konfetti! Und außerdem … Du-Du-Liste digital
Vor genau 18 Monaten habe ich euch von der „Du-Du-Liste“ erzählt, die der Mann und ich als großformatiges Poster und niemals schweigende Anklage stillen Vorwurfs in der Wohnung installiert haben, auf dass noch der letzte ruhige Moment des Durchschnaufens auf dem Kanapee empfindlich gestört werde durch die niedergeschriebene Zumutung all sämtlicher zu verrichtender Tätigkeiten, die gemeinhin als „Leben“ betrachtet werden, und deren unverzügliche Ausführung erstaunlich beruhigende Auswirkungen auf den Hausfrieden (mich) hat. Woher ich weiß, dass es genau 18 Monate sind? Naja. Es ist dort zu lesen: „Sommerreifen!“, „Jacken & Schuhe!“ sowie „Balkon!“, wobei das „Sommer“ durchgestrichen und durch „Winter“ ersetzt worden ist. Nachdem wir diese Situation jetzt gerade wieder haben, die Liste an der Badezimmertür aber garantiert seit Monaten niemand mehr angefasst hat. Die Entwicklung war gewissermaßen vorhersehbar und vollzog sich dergestalt, dass erst aufgeschriebene Punkte abgearbeitet worden waren gemäß persönlichem Gusto und Widerwillen, die sehr ungeliebten Aufgaben also erst einmal eine Depriorisierung erfahren mussten. Damit es nicht so auffiel, dass „KELLER AUFRÄUMEN!!!“ zwar ganz oben und rosa angemalt die Liste beherrschte, gewöhnte man sich dann an, Dinge, die man ohnehin hätte tun müssen, zu erledigen, auf die Liste zu schreiben und sie dann im selben Zuge durchzustreichen und stolz die verrichtete Arbeit zu präsentieren: Schau wie fleißig ich bin! Deswegen steht auf der Liste zwar immer noch „KELLER AUFRÄUMEN!!!“, dafür aber ein paar Zeilen weiter unten „Steuer“. Immerhin. So viel also zur Genese der „Du-Du-Liste“, und es rührt mich, dass niemand sie abhängt, sondern das Opus für alle Zeiten als Denkmal des Scheiterns und Ausbleibens organisatorischer Skills an der Türe hängen bleibt. Doch man war ja nicht untätig in der Zeit, sondern hat sein Heil in der Moderne gesucht. Und die Moderne bringt digitale, multifunktionale, gemeinsam zu bearbeitende und noch dazu bunt zu gestaltende Listen im Handy – lauter Eigenschaften, deretwegen einzelne Zugehörige dieses meines Haushaltes dieser Technik umgehend verfallen sind und mich seitdem bedrohen. Lagen früher hier da vereinzelt harmlose Zettelchen herum mit achtlos hingeworfenen Notizen über zu schauende Filme, zu lesende Bücher, zu ordnende Haufen oder zu erledigende Erforderlichkeiten aus der Welt der Erwachsenen (Steuer!), die man hier und da einmal entdeckte, weil sie von einem Windstoß aufgewirbelt wurden und man sich dann für Ausführen oder Ignorieren oder gar Wegschmeißen entscheiden konnte, schreit mich jetzt mein Telefon mehrmals täglich an, um mich auf eine der drei oder siebzehn oder keine Ahnung wie viele Listen aufmerksam zu machen, für die ich in irgendeiner Form zuständig sein soll. Ich hoffe, ihnen widerfährt das gleiche Schicksal wie dem Türenzettel.
// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~