Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Mein lieber Scholli!

Am Wochenende ist ja wieder dieses Nürnberg.Pop. Und zum fünften Mal werde ich daran erinnert, dass sich bei jeder einzelnen dieser Veranstaltungen hartnäckig das Gerücht hält, es befände sich anlässlich des Festivals ein besonders großer Stargast weil prominenter Musikliebhaber in der Stadt. Ob das in diesem Jahr wieder so ist, weiß ich nicht. Aber weil ich mich jetzt schon so lange mit diesem Gedanken trage, finde ich, es ist Zeit für ein Geständnis. Bei diesem Menschen nämlich handelt es sich um meine erste große Liebe. Ein wunderschöner Mann mit braunen Locken und entzückend schiefen Zähnen, der, wann immer man ihn sah, in unfassbarer Lässigkeit seine stets zu langen Ärmel baumeln ließ, während er seine Kunststückchen vollführte. Ich schlief in dieser Zeit sehr gut, wachte doch über meinem Bett eine Postertapete, zusammengesetzt aus verschiedensten Abbildern all dieses Mannes Schönheit.

Aus jedem noch so kleinen Schnipselchen an öffentlichem Auftritt füllte ich eine Videokassette(die gibt es heute noch, nur leider nichts mehr zum Abspielen) und verbrachte Stunden damit, ein Album voller Erinnerungen, Fotos und denkwürdigen Äußerungen wie „Hängt die Grünen solange es noch Bäume gibt!“ zu bestücken (das gibt es leider nicht mehr, fiel wohl einer adoleszierenden Ausmistaktion zum Opfer). Ich gönnte ihm mit angestrengtem Edelmut seine Ehe, schließlich bin ich glücklich, wenn du glücklich bist, mein Schatz, feierte seinen Geburtstag in Abwesenheit und bangte mit jeder Verletzung. Wir hatten glückliche Jahre. Bis zu einem denkwürdigen Ereignis: Der Mann und seine Truppe besuchten die Stadt – in meiner Erinnerung aufgrund eines Benefiz zugunsten des Ruhmreichen. Mit im Programm: eine Autogrammstunde! Ich war vorbereitet. Extra für diesen Irrsinnsglückstag hatte ich von meinen geringen finanziellen Mitteln eine supisüße Plüschschnecke erstanden.

Die wollte ich dem Mann schenken als Beweis meiner Liebe und Eignung als zukünftige Gattin (die vorherige hatte kurz zuvor das Weite gesucht, ich befand meine Chancen für nicht schlecht, mich als Nachfolgerin ins Spiel bringen zu können). Je näher ich in der Signier-Schlange nach vorne rückte, desto mehr hyperventilierte, schwitzte, zitterte ich – gleich war es so weit, ich würde meine Liebe gestehen und vor laufenden Kameras den Antrag  bekommen. Schob starr vor Ehrfucht wortlos das Stoffvieh über den Tisch. Musste starr vor Schreck mitansehen, wie der Zukünftige das Vieh mit seiner eddingen Unterschrift versah. Japste „Dieisdochfürdich!“ Hörte „Aber das musst du mir doch sagen!“, was wie Engelschöre in mir erscholl – er hatte mit mir gesprochen! Den restlichen Tag beobachtete ich mit stolz geschwellter Brust, wie der Mann die Schnecke am Finger baumelnd mit sich herumtrug, schoss Fotos und verarbeitet die zu Schlüsselanhängern. Jetzt geht’s mir schon viel besser – nach 25 Jahren. Wenn du dieses Jahr wieder in Nürnberg bist, Mehmet – ich habe dich immer geliebt!

 

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa!“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten ~