Diskotanz
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Retusche

Manchmal muss man sich Sachen anhören, wo du sagst: Das glaubst du gar nicht. Zum Beispiel solche: „Dein Verhalten ist, um es mal mit den Worten des CvD zu sagen, produktionsgefährdend!“ – „Bitte was?“, hab ich ins Telefon gerufen und mich dabei sehr konzentrieren müssen, weil das Telefon ist an einer langen Schnur linksrechts, linksrechts um meinen Hals gebaumelt, der wiederum kopfüber an einer Schaukel gehangen ist, welche inmitten einer Kinderschar sich befunden hat, und wo viele Kinder sehr laut weinen, telefoniert es sich schlecht. Aber jetzt war halt ich auf der Schaukel, müssen die auch mal lernen. Und das kam so: Passfotoproblematik, wir erinnern uns. Ich also mit brennend schlechter Laune in diese Behördengasse, weder sexy noch in shape, dafür dank guter Zurede („Jetzt mach halt nicht so ein Theater!“) und früher Uhrzeit mit ordentlich Egaligkeit geschmückt, ich mein, wer macht schon gern Amtsbesuche, noch dazu in aller Herrgottsfrüh, wo beim Weckerschellen um achtuhrdreissig erst die Tränensäcke unterm Federbett hervorquellen und später dann die Beine, derweil das Hirn verweigert und an Ort und Stelle liegenbleibt. Dann wird dir der Grant auch noch vermiest, weil wegen Mundwinkel zwar ungefähr auf Schulterhöhe installiert, aber das sieht ja heutzutage keiner mehr, kreizdeifi. Auftritt Fotostudio, Passfotos, aber dalli!, blind vor Müdigkeit zum Wartstuhl tasten, einschlafen. Aufwachen. „Etz kann dann gleichamal des blonde Waggerla von vorn drankommen!“, hab ich gehört und Kompliment gewittert: Die meinen mich!, und schon war die Laune strahlend und verjüngt wie auch der Mensch auf dem Minibild, das mir wenig später ausgehändigt worden ist. Darauf: Ein mir gänzlich unbekannter, doch babyglatter Strahlemensch. Verliebt hab ich mich darin verloren, ganz offenkundig werd ich schöner anstatt älter, das Portrait umarmt, mich pirouettendrehend zum Ausgang begeben und auf dem Weg dorthin nur fastbeinahe einen Kinderwagen über den Haufen gerannt. Wo der plötzlich herkam, konnte nicht geklärt werden, wohl aber die Richtigkeit meines ersten Eindrucks: „Du siehst aus wie zwölf!“, sprach man salomonisch Urteil übers neue Foto, und ich geschmeichelt: Ja also (Blick zu Boden, bescheiden), ich mach mir ja jeden Morgen so einen probiotischen Joghurt mit Körnern, und die Sonne (niedlich lächeln) meide ich ja aus Gründen eh weitestgehend, und außerdem trink ich wirklich sehr diszipliniert (Augenaufschlag) mehrmals täglich große Gläser stilles Wass… „Warst du bei dem Fotostudio da unten?“, hat mich die Freundin da unterbrochen. „Ja.“ – „Haha ja geil, die haben mich damals auch total jung retuschiert!“ Seitdem schaukle ich. Wollen wir doch mal sehen, wer hier wie jung ist! Produktion?! Ich sag: Trotzphase!

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~