Schreibschwein © David Häuser
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Rosa

Ich habe in letzter Zeit öfter mal ein Kompliment bekommen. Das ist eine feine Sache. Wer bekommt nicht gerne Komplimente, auch wenn man sie häufig zu selten selbst anderen macht und, vielleicht aus dem gleichen Grund, im Annehmen eines solchen Kompliments ungeübt ist und deswegen sogleich „gschamig“ reagiert: „Ach du lass mal, das ist nur das Licht.“ oder „Böh, das muss daran liegen, weil ich vorhin mal wieder geduscht habe.“ Das jetzt gemeinte Kompliment lautet sinngemäß immer irgendwie nach „du siehst so frisch aus“, und irgendwann bin ich dahintergekommen, was der Anlass dafür sein muss: mein Lieblingspullover, den ich zwar seit dem Winter besitze, ihn aber aus Gründen bis vor kurzem unter geschichtetem Fleece und schlafsackgroßen Daunenmänteln verborgen trug. Dieser Pullover erfüllt mich schon beim Anblick mit großer Freude und Frische. Dabei ist die Farbe kein sonniges Gelb oder wärmendes Orange, auch kein friedliches Blau oder hoffnungsvolles Grün, sondern: Rosa. Die Farbe aufgestellter Polohemdkrägen und lässig um den Hals geschlungener Strickware, vor allem aber die Farbe der Prinzessinnen und Tussis und somit der Albtraum feministischer Erziehung der 80er Jahre, wie sie mir als Kind angediehen und in die DNA implementiert worden war: Rosa ist Geschlechterklischee und Rollentrennung und darob, pardon, scheiße. Meine Kindheit war entsprechend nach Möglichkeit rosafrei und stattdessen voller Cordbraun, Jeansblau oder Straßenstaubschmutzig, und zwar konnte ich den Eltern mit Aufbegehr und unter Aufbietung großer Kräfte „die Farbe der anderen Mädchen“ abtrotzen, war aber dennoch schon frühzeitig so idealistisch geimpft, dass ich beispielsweise ein rosa Kleid, dass die Mutter nächtelang für mich nähte, zwar gern kurz einmal anzog, es dann aber bei der ersten Konfrontation mit Praxistauglichkeit (Skateboarden, Fußball, Räuberhöhle) nur zu gern wieder gegen eine erdfarbene Latzhose austauschte. Irgendwann war das Thema durchexerziert und die Farbe Rosa verschwand aus meinem Leben, wohinein ich sie mit Anfang zwanzig gewaltsam zurückzerrte und in Form irgendeiner postinfantilen Persönlichkeitsentwicklung als möglichst knallbunte Variante (Pink) installierte: pinke Schals, pinkes Ohrgehänge, pinke Schuhe oder pinke Hirschgeweihe zierten fortan meinen Alltag. Eine Art späte Überreaktion, vermutlich, auf die eine lange Pause folgte. Nach ein paar verschämten Versuchen in Pastell habe ich mich unlängst getraut, zurück zum Rosa zu kommen. Und was soll ich sagen? Ich bin begeistert. Nicht nur, weil „Rosa“ so viele schöne Bedeutungen hat bis hin zur Zuschreibung, es könne Aggression und Gewalt besänftigen. Jetzt füge ich mich also nur zu gern selbstbewusst ein ins Frühlingsbild als große rosa Blüte. Und wenn ich dafür noch Komplimente bekomme, dann soll mir das nur recht sein.

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~