Konfetti! Und außerdem … Steigeisen
Zugegeben: Wenn ich grade aus dem Fenster schaue, habe ich nicht unbedingt das Gefühl, jemals wieder etwas anderes unternehmen zu müssen als mich zu Hause aufzuhalten. Oder, wenn es gar nicht mehr anders geht, mich als wandelnder Polarschlafsack fest und atmungsunaktiv (wo frische Luft hineinkann, kann auch warme hinaus!) an Hauswänden entlang zu drücken und auszurechnen, wie man Wege am besten unterirdisch und im warmen Duft von U-Bahn-Tunneln zurücklegen kann. Und ob es wohl sehr auffällt, wenn sich am helllichten Tag ein kaminroter Daunenwurm in gelber Friesennetzschale Höhe Rathenauplatz geschmeidig einen Kanalschacht hinabgleiten lässt … Aber gut, ich wäre nicht dort, wo ich heute bin (im sternchengemusterten Plüsch-Onesie mit Wärmflasche unter den Füßen an den Ölradiator gebunden), wenn ich nicht so ein planungsvolles Wesen wäre (liebe Grüße an Papa, meine Steuerberaterin und den netten Herren von der Altersvorsorge, ich meld mich bald!), und deswegen mache ich nicht nur wie letzte Woche vergnügte Probefahrten auf potenziellen neuen Fahrrädern, bei denen mir der Eisregen mit sanften Nadelstichen das Hirn punktiert und Zehen sowie Fingerspitzen sich leise bis „schauen wir mal“ verabschieden. Sondern ich hole auch vorausschauend Erkundigungen auf dem Wanderschuh-Segment ein, weil da gibt es einen großen Missstand: Wo immer meine Siebenmeilenstiefel auf glatte Flächen treffen, sei es auf nassem Stein, zugefrorenen Wegen oder planiergeraupten Rodelbergen, ist’s vorbei mit dem Grip. Zwischen Anmutig und demütigend liegt oftmals nur ein Schritt, wenn aus einer sportiven Wandersfrau urplötzlich ein Körperklaus wird, der nurmehr auf allen Vieren eine leichte Anhöhe hochrobben kann und dabei hoffen, dass der Ast, an dem sie sich verzweifelt einen Eisberg hochzuzerren versucht, wirklich fest im Boden verankert ist, während links und rechts Menschen flott überholen und, wenn sie gut drauf sind, nur ganz leise lachen. „Gscheide Sohle! Sofort!“ hab ich also eine Beratungsperson höflich um Hilfe gebeten und war gefasst auf ein Referat über Gummiware, Autoreifen und Chemie im mittleren dreistelligen Segment. Doch siehe da: „Da würde ich Ihnen doch am einfachsten diese hochwertigen Steigeisen empfehlen, die haben wir grad für 74,99 im Angebot.“ Ich habe lange überlegt … und dann zugeschlagen. Außerdem habe ich mir noch eine Sauerstoffflasche zugelegt, ein ultraleichtes Einmann-Zelt, einen Esbit-Kocher sowie drei Dosen Ravioli (die guten!) und eine handliche Funkstation. Jaha. Noch lacht ihr. Aber ihr werdet schon sehen, wer demnächst pfiffig den Burgberg erklimmt, derweil der Rest der Stadt im Chaos versinkt, weil die Lieblingssör wieder einmal vom Winter im Februar überrascht worden ist. Aber hey: Es gibt immer noch die Kanalisation! Traut euch!
// Text: Katharina Wasmeier / Bild: unsplash //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~