Konzertbericht: Kettcar auf der Seebühne Bayreuth
Kettcar, für uns eine der wichtigsten und besten deutschsprachigen Bands. Da versuchen wir natürlich auch, die Band so oft wie möglich Live zu erleben. Jetzt war Bernd am 12. August in Bayreuth, wo die Band auf der Seebühne gespielt hat. Hier sein Bericht.
Ein Konzert von Kettcar zusammenfassen ist nicht immer so einfach. Ich fange heute mal mit dem Ende an. Was nehmen wir mit aus einem Bayreuther Sommerabend (den grünen Hügel rauf)? Reimer Bustorf wacht nachts auf und redet Fränkisch, musste zu Schulzeiten bei Gedichten immer nur die erste Strophe können und in Hamburg kannste für drei Euro nicht mal aufs Klo gehen. Wieder was gelernt.
„Und jetzt guck in deinen Plattenschrank und dann reg dich auf. Heut‘ Nacht geht’s für alle den grünen Hügel rauf „
Im Rahmen ihrer selbst so genannten Frankentour (bei der letzten Tour waren sie in Erlangen und Würzburg) spielten Kettcar am 12.08.24 vor etwa 400 Zuschauern auf der Seebühne der Landesgartenschau in Bayreuth.
Zuletzt waren Kettcar übrigens vor 22 Jahren in der Stadt, damals im Glashaus. Manche Zuschauerinnen im heutigen Publikum waren da noch nicht mal geboren. Als kleines Special und mangels Support hatte sich die Band für diesen Abend eine coole Aktion überlegt – Fans konnten sich über die sozialen Medien bewerben und einen Song nach Wahl mit der Band vor dem eigentlichen Konzert performen. Von den sechs Gewinnerinnen blieben noch drei übrig. Marcus Wiebusch und seine Kollegen spielten die Musik, die Fans durften singen. Mal was anderes.
„Solang die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zuende. Verteidige die Seele, das lustige Gebilde.“
Mit atmosphärischen Klängen geht es dann schlussendlich wirklich los, Scheinwerfer leuchten auf, die ersten Akkorde von „Auch für mich sechste Stunde“ erklingen. Ja, die Band ist und bleibt politisch. Aber so what? In einer Zeit, in der bestimmte Parteien als gesichert rechtsextrem eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet werden, braucht es auch solche Bands und Künstlerinnen. Aber ich schweife ab. Es geht in den Texten von Kettcar um große und kleine Fluchten („Sommer 89“ oder „Benzin und Kartoffelchips“), Alltagsrassismus („München“), Liebe und Trauer, Hass und die Trennung von Künstlerinnen und Werk („Kanye in Bayreuth“).
„Manche sagen es wär einfach. Ich sage es ist schwer. Du bist Audrey Hepburn und ich Balu der Bär.“
Keine Ahnung, ob das eine geplante Aktion oder eher spontan war, aber die Setlist wurde kurzfristig umgeworfen. „Balu“ wurde vorgezogen, damit Marcus Wiebusch es zum nahenden Sonnenuntergang spielen konnte, während die restlichen Bandmitglieder sich selbigen aus dem Backstagebereich anschauen gingen. Schön, sowas mitzuerleben.
Natürlich waren auch die Klassiker im Programm. „48 Stunden“, „Im Taxi weinen“, „Money left to burn“.. ein wilder Ritt durch die lange Bandgeschichte. „Landungsbrücken raus“ beschließt den Hauptteil der Show, die endgültig letzte Zugabe ist „Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt“.
„So sieht’s aus unterm Strich. Es tut uns nicht leid.“
Muss es auch nicht. Danke für diesen schönen Abend.
// Text & Bilder: Bernd Jungwirth //