Live / REIN & RAUS

Konzertbericht: Mathias Kellner

Gott sei’s gedankt – der Mann singt zwischendurch! Täte er das nicht, man liefe glatt Gefahr, zu ersticken. Vor Lachen. So aber: Zeit zum Atmen, Zeit zum Beruhigen, Zeit zum Lauschen. Die Musik, die Mathias Kellner, einmal auf dem als puristische Bühnendeko platzierten Stuhl installiert und sich davon nicht mehr erhebend außer am Ende mehrfach, wegen nachdrücklich geäußerter Zugabenwünschen seitens des glückseligen Publikums, da nämlich macht, ist äußerst hörenswert. Deswegen war der gelernte Schreiner schon mit Claudia Koreck unterwegs, mit Katie Melua auch, und das sind schon Namen. Mit denen der Straubinger sich jedoch mitnichten zu schmücken nötig hat.

Dafür sich selbst und den Abend mit ersprießlichen Geschichten aus der im Niederbayerischen verlebten Jugend in den 80er und 90er Jahren. Tatsächlich hat der 30-Jährige am Ende des Premierenabends seiner zweiten CD „Zeitmaschin“ mehr gesprochen als gesungen, wie er selbst feststellt, nur um gleich noch einen Schwank zum Besten zu geben. In breitestem Dialekt zu berichten von der Unbill der Landjugend, von ersten Autos („Siggi, der fahrende Müllberg“), von ersten Lieben („Meine erste Beziehung dauerte vom 30.5. bis 30.5. a bisserl später, wir haben uns da relativ schnell auseinanderentwickelt“), vom „wichtigsten Platz der Kindheit“, dem Bushäusle, das ähnlich transzendentale Bedeutung habe auf dem Land wie ein Ashram im Buddhismus, von ersten Räuschen („ich war zu wie eine Gefängnistür“) – alles, was halt so groß, so bedeutsam war in einer Zeit, in der sich die ärgsten Sorgen drehten um Ohrfeigen wegen Schabernack statt Finanzamtsungemach wegen Steuern.

Verarbeitet auf dem Solo-Album – das zweite nach dem 2014 erschienenen „Hädidadiwari“, was mitnichten in finnischer, sondern ebenfalls bayerischer Sprache erklingt – finden sich all diese Themen wieder: die Freiheit der Jugend, Erinnerungen an alte Träume, an Erlebnisse – die aber so viel besser weil als humoristischer Hochgenuss funktionieren, erzählt der Kellner sie direkt selbst, in einer Bildhaftigkeit und epischen Breite, dass das Zwerchfell nur so jodelt. Die Singstimme zwischen kratzig und weich, in jedem Fall volltönend, aber Resonanzkörper hat’s wohl genug an dem stattlichen Bub, plätschert Mathias Kellner durch den Abend und wünscht sich sehr, es gäbe dereinst einen Zeitungsmenschen, der schriebe, „das Konzert war super, nur der Schluss war a bisserl scheiße.“ Hätte funktionieren können. War aber nicht. Pardon.










// Text: Katharina Wasmeier / Foto: PR //