Live / Musik

Konzertbericht: Olli Schulz auf der Kulturinsel Wöhrmühle

Nagelbrett oder Nagelbett – Hauptsache Aufguss!

Showman Olli Schulz ist am Freitag den 19.Juli zu Gast auf der Kulturinsel Wöhrmühle und hat neben einer hervorragend kuratierten Playlist auch jede Menge Anekdoten aus seinem aufregendem Leben dabei.

Hamburg City, hartes Pflaster, Baby reich den Kapodaster“…. Moment! Da ist ja ein echtes Pflaster um Ollis linken Daumen! Was ist da passiert? „Nagelbettentzündung“, lässt Olli Schulz sein besorgtes Publikum wissen, ojemine, kann er überhaupt auftreten? Er kann – und er hat Bock! Unter tosendem Applaus betritt der Wahlberliner die spärlich dekorierte Bühne, nur ein großes Backdrop mit dem Cover des aktuellen Albums „Vom Rand der Zeit“ deutet darauf hin, was für grandiose Musiker:innen gleich auftreten werden.

Das Konzert ist skandalöser Weise nicht ganz ausverkauft – liegt es daran, dass Olli erst im Winter im nahen E-Werk gespielt hat? Schwer zu sagen, an den Live-Fähigkeiten kann es auf keinen Fall liegen, denn jede:r weiß, wie kurzweilig und sagenhaft schön Schulz‘ Konzerte sind. Vorausgesetzt, der Meister hat gute Laune. Diese kann jedoch nicht mal eine fiese Nagelbettentzündung schmälern und so fügt Olli seine Indikation direkt mit ins Programm ein. Sollten die Anwohner:innen also zusammenhanglose „Nagelbettentzündung“-Chöre wahrgenommen haben – hier ist die Auflösung. Der mit einem Pflaster, auf dem ein grantiges Gesicht aufgemalt ist, versehene Daumen ist dennoch nicht das Highlight des Konzerts.

Es gibt nämlich kein „Highlight“ im eigentlichen Sinne, sondern einfach nur „no fillers, just killers“: Smash Hits wie das, aufgrund der EM brandaktuelle, „Spielerfrau“, das bittersüße „Phase“, oder „Einfach so“ – Oliver Marc Schulz nimmt Erlangen mit auf eine Reise durch seinen musikalischen Katalog – begleitet von seiner herausragenden Band und dem ikonischen Tourmanager Wilco.

„Kinder der Sonne“ auf dem „Stadtfest in Bonn“

Zwischendurch challenged Olli sein Publikum aber auch forsch: „Jetzt hab ich mal `nen Wunsch! Könnte jemand den Duett Part von Ina Müller bei „Stadtfest in Bonn“ übernehmen? Ich habe das extra angekündigt bei Instagram!“ Zuschauer Peter erklärt sich bereit, ist aber ein wenig überrumpelt von der Livesituation. Lob vom Chef bekommt er trotzdem, Ehrensache. Ist halt der „Vorführeffekt“. Das nachdenkliche „Kinder der Sonne“, das Olli in seiner absoluten Verzweiflung nach dem Ende einer Beziehung geschrieben hat, kündigt er als erste Ballade des Abends an. „Ich wünschte, ich könnte dich wegbringen von hier, an einen Ort, an dem wir nicht mehr streiten“… und die Wöhrmühle schunkelt in Eintracht. Überhaupt, so viele verliebte Pärchen, wie an diesem Abend, hat man an den anderen Abenden nicht gesehen. Vielleicht, weil die Partner:innen nicht mitgeschleift wurden, sondern ganz freiwillig mit dabei sind.

Die Schmuserei hört auch beim Walzer „Als Musik noch richtig groß war“ nicht auf und die Schimpftirade auf das fehlende Panini Sammelalbum zur EM erntet großen Beifall. Nur die Idee, ein Sammelalbum mit belegten Brötchen, also Panini, zu veröffentlichen, kommt nicht so gut an. Macht ja nix, Olli, dann wirst du halt Guru, denn Lebensweisheiten, das kannst du und eine Liegematte mit kleinen Stacheln hast du ja auch schon.

Kernkompetenz: Geile Mukke

Kernkompetenz ist und bleibt aber die Musik, die an diesem Abend trotz aller Geschichten die Hauptrolle spielt. Gitarrist Max Schröder, Isa Poppensieker  (Bass), Ben Lauber (Drums) und Arne Augustin (Keys) unterstützen Olli live in gewohnt energetischer Manier und dass auch hinter der Bühne gute Stimmung herrschen muss, lässt sich leicht an den seligen Gesichtern der Musiker:innen sehen, die ihr volles Potenzial besonders bei schmissigen Songs wie „Die Ankunft der Marsianer“ zeigen.

Außerirdische landen an diesem Abend zwar keine in Erlangen, aber ein aufblasbares Einhorn darf fröhlich über den Köpfen des Publikums bouncen und das ist eigentlich auch viel, viel besser.

Alles hat ein Ende, nur Olli darf niemals aufhören

Leider geht auch der allerschönste Abend mit dem „Phosphormann“ einmal zu Ende und so verlassen die Fans nach dem antithetisch gewählten letzten Song „So muss es beginnen“ mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Gelände, vielleicht sogar mit einer Schallplatte aus Ollis Privatsammlung, die man am Merch Stand kaufen kann. Olli, komm bald wieder, denn wie heißt es doch: „Wenn es gut ist, wird es schön sein und ein Leben lang passieren“.

// Text und Bilder: Désirée Pezzetta //