Live / Musik

Nachbericht: Bilderbuch im Löwensaal

Seit Oktober sind Bilderbuch auf „Softpower“-Tour in Deutschland, Österreich, England, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz unterwegs. Im Mai folgen noch drei Shows in Italien, Slowenien und Ungarn. Am 10. April spielte die Band im ausverkauften Löwensaal.

Um 20 Uhr startet der Abend mit Nils Keppel und seiner Liveband, die im März 2024 bereits im club stereo auf ihrer eigenen Tour zu Gast waren. Mit einer Mischung aus Indie, Post- Punk, Noise Pop und Grunge reiht sich Nils Keppel in die Reihe der NNDW-Musiker:innen ein. In blaues, rotes und grünes Licht getaucht präsentiert der Sänger und Musiker zusammen mit seiner Band dem Nürnberger Publikum eine kurzweilige und musikalisch abwechslungsreiche Performance, die von den Zuschauer:innen mit viel Applaus gewürdigt wird. Songs wie „Wellblech“ und „222“ werden wohl vielen auch noch nach dem Konzert im Ohr bleiben.

Als es dann Zeit für den Hauptact des Abends ist, werden die Lichter gedimmt und die Bühne in dichten Nebel gehüllt. Das Intro des Songs „Softpower“ erklingt, während die LED-Wände auf der Bühne zu strahlen beginnen. Unter lautem Jubel betritt die Band die Bühne und lässt sich gemeinsam mit dem Publikum in den Sound des Opener-Tracks fallen. Mit einem lauten „NÜRNBERG!“ begrüßt Sänger Maurice Ernst während des Songs die Menschen im Löwensaal, die ihm begeistert Applaus und Jubel entgegenbringen. Nach Energie muss in diesem Raum niemand lange suchen. Auch bei den nachfolgenden Songs „Dino“ und „Digitales Wunder“, beide ebenfalls von der „Softpower“-EP, sind die Fans da und die Band aus Österreich glänzt mit ihrer starken Bühnenpräsenz.

Das Bühnenbild der aktuellen Tour ist ein visuelles Highlight. Sowohl auf der rechten und linken Seite als auch im hinteren Teil der Bühne sind große LED-Wände aufgebaut, die schrill, bunt, schwarz-weiß oder mit Animationen bespielt dem Konzert einen besonderen visuellen Touch verleihen. Mal sind die Musiker nur als Silhouetten zu erkennen, mal verschmelzen die einzelnen Personen mit dem Hintergrund. Nicht, dass Bilderbuch diese visuellen „Schmankerl“ bräuchten, damit die Show ein Highlight für die Besucher:innen ist. Aber die Band weiß, wie sie ihre Musik und Performance gekonnt in Szene setzen kann.

Nach 20 Minuten wird es mit „Gigolo“ funky und das Publikum packt die imaginären Tanzschuhe aus. Auf den LED-Wänden rattern unter anderem Euro- und Dollarsymbole im Casino-Spielautomat-Style von oben nach unten und der Löwensaal singt „Wir leben high, nie low, rock it, Gigolo! Wir leben high, nie down, höchstens downtown!“. Auf „Gigolo“ folgt „Kitsch“, dessen Zeile „Ich war nie rich, aber cool mit Kitsch“ Sänger Maurice in gewohnt souveräner Art in das Mikrofon haucht. Als die ersten Töne von „Bungalow“ ertönen, ist nun wirklich jede Person im Raum in der Bilderbuch-Sphäre angekommen. Locker, cool und lässig performt die Band einen ihrer beliebtesten Hits, die Fans singen die Zeilen lauthals mit und der Saal erreicht Höchsttemperaturen, wie man an den beschlagenen Scheiben der Türen deutlich erkennen kann.

Bereits nach sechs Songs hat die Band den Besucher:innen so ziemlich alle ihrer facettenreichen Sounds geboten. In welche musikalische Schublade steckt man Bilderbuch denn eigentlich? Die Antwort ist einfach: in keine. Genre-Schubladen sind schon lange out, und Bands wie Bilderbuch beweisen, dass man sich unzähliger Genres bedienen und einen einzigartigen Sound daraus kreieren kann. Irgendwo zwischen Indie, Rock, Funk, Hip-Hop, Rock und Pop bereichert die Band seit 20 Jahren die deutschsprachige Musikszene und begeistert auch die Nürnberger Menge, die einen Querschnitt durch alle Altersklassen abbildet.

Dass die Band und ihre Musik seit zwei Jahrzehnten so viele Fans haben, hat viele Gründe. Immer wieder auffallend ist vor allem die instrumentale Versiertheit der Musiker. Egal ob an den Drums, am Bass oder an der Gitarre – es macht unheimlich Spaß, der Band zu lauschen und sich von ihrer Leidenschaft zur Musik anstecken zu lassen. Gitarrist Michael Krammer lässt sich regelmäßig von der Menge lautstark feiern, wenn er mit klassischer oder auch Doppelhals-Gitarre die Saiten zum Beben bringt. Aber auch der charismatische Frontmann Maurice zieht das Publikum in seinen Bann. Mit seiner lockeren, österreichischen Art macht er zwischen den Songs Ansagen zum Schmunzeln, steckt alle mit seiner Energie an und präsentiert sich in verschiedenen Outfits. Silber glitzernde Armstulpen, eine Handgranaten-Gürtelschnalle und Handschellen, die am Gürtel befestigt sind, sind die Accessoires, die den Sänger und Gitarrist das ganze Konzert über zieren. Zu Beginn der Show trägt er ein schwarzes Langarm-Shirt, das er schon nach kurzer Zeit von seinem Körper streift und die nächsten Songs oberkörperfrei performt. Als finales Outfit trägt er dann ein weißes Shirt mit durchgestrichenem Dollarsymbol.

An diesem Abend folgt ein Highlight dem nächsten. Der Song „Aber Airbags“, der mit über vier Minuten sowieso nicht kurz ist, wird dem Nürnberger Publikum in einer „extended Version“ präsentiert. Immer wenn man denkt „das war’s“, greift Gitarrist Michael noch einmal an seine Gitarre und der Löwensaal applaudiert. Das lange, instrumentale Outro ist gerade erst verklungen, der Schweiß tropft bereits von der Decke und manche Besucher:innen überlegen wahrscheinlich, kurz frische Luft zu schnappen – da bahnt sich bereits der nächste Höhepunkt an: Die ersten Takte von „Maschin“ hallen durch den Raum, Sänger Maurice schreit das „YEAH“ ins Mikrofon und alle sind bereit für dreieinhalb Minuten feinsten Bilderbuch- Sound. Mit Songs wie „Ab und Auf“ und „Checkpoint (Nie Game Over)“ wird es dann ein wenig ruhiger, was die positiv aufgeheizte Stimmung keinesfalls beeinflusst. „Willkommen im Dschungel“ fordert dann wieder mehr Energie von der Menge, die sich textsicher und glücklich treiben lässt. Als letzten Song und zur großen Freude der Fans spielen Bilderbuch „Spliff“, beenden nach knapp eindreiviertel Stunden das Konzert mit einem langen Outro des Songs und lassen sich gebührend feiern.

Bilderbuch haben dem Löwensaal alles gegeben, wofür die Fans die Band lieben. Charismatisch, lässig, extrem professionell und versiert präsentierten sich die Österreicher den 1500 Leuten; was jedoch auch nicht anders zu erwarten war. Von Outfitwechseln über Gitarrensoli bis hin zur Setlist durfte das das Publikum über einen bunten, energievollen, elektrisierenden und abwechslungsreichen Abend freuen. Die Band und ihre Musik machen einfach Spaß – und das hatten offensichtlich alle an diesem Abend.

// Text & Bilder: Sarah Weinberg //