Dann schreib ich jetzt halt mal meine erste Plattenkritik. Da würde sich auch fast nichts besseres anbieten als das neue Beginner Album. Immerhin begleitet mich die Band schon seit 20 Jahren, natürlich mit großer Pause.

Ich stand den Beginner am Anfang sehr skeptisch gegenüber. Deutschen Hip-Hop hör ich bereits seit Anfang der 90er. Too Strong, Advanced Chemistry, Fanta 4, Fettes Brot, RHP, Fresh Familee, Kinderzimmer Productions, Fishmob, Fünf Sterne Deluxe, Der Tobi und das Bo, Eins Zwo u.s.w. Alles Bands, die, zumindest in meinem Umfeld, vor den Beginnern da waren und wie immer, wenn man etwas liebt und plötzlich eine neue Band kommt, die dann auch noch großen Erfolg damit hat, steht man der Sache etwas kritisch gegenüber. Auch das erste erfolgreiche Album inkl. der Singles Liebeslied und Hammerhart hat mich nicht überzeugen können. Einzig Füchse hat einen aufhorchen lassen. Aber spätestens mit Blast Action Heroes 2003 hatten sie mich. Für mich immer noch eins der besten deutschen Hip-Hop Alben und auch das erste, das in Deutschland auf Platz 1 klettern konnte. Nur kam dann nichts mehr. Jan Delay hat sich auf Solo-Pfade begeben, denen ich kaum gefolgt bin, und um die anderen wurde es komplett ruhig. Bis sie 2010 das erstemal angekündigt haben, an was neuem zu arbeiten. Und jetzt ist es da, das erste Beginner Album seit 13 Jahren. Der Albumtitel, gleichzeitg der Name einer der ersten und wegweisendsten Hip-Hop Bands aus Deutschland, soll wohl für ihren Ursprung und ihren Wurzeln stehen.

Ich habs mir jetzt ein paar mal angehört und für mich kommt es nicht an Blast Action Heroe ran. Muss es ja aber auch nicht. Das war eh kaum zu toppen. Aber es ist immer noch eins der besten deutschen Hip-Hop Alben der letzten Jahre. Es sind genug Songs dabei, die auch nahtlos anknüpfen an 2003, aber eben leider auch ein paar, die nicht das Niveau erreichen.

Die ersten beide Singles kennt wahrscheinlich mittlerweile jeder. Bei Ahnma hat man mit Gzuz und Gentleman als Gäste überrascht, steht man doch beiden eher skeptisch Gegenüber. Aber der Song inkl. Video als Liebeshommage an Hamburg haben überzeugt und waren ein großartiges Comeback. Die zweite Single ,Es war einmal, würde ohne Probleme auch auf Blast Action Heroes passen und erzählt die Anfangsgeschichte der Band und auch des deutschen Hip-Hop. Mit dem Video haben sie eh den Vogel abgeschossen. Das wird so schnell niemand toppen. Der dritte Song auf dem Album, Meine Posse mit Samy Deluxe, rockt, aber fällt meiner Meinung nach ab gegen die beiden Singles. Bei Schelle, dem nächsten Song, gehen die Jungs neue Wege, und das machen sie sehr gut. Der Song fängt entspannt und chillig im Reagge Sound an und steigert sich dann zu einem wachechten Trap Song. Das wechselt sich dann immer wieder ab. Schönes Ding! Bei So Schön, dem 5. Track des Albums, ist mit Dendemann der, in meinen Augen, beste deutsche Rapper mit am Start. Der Song kommt eher ruhig daher und geht schön ins Blut. Klasse Song. Übrigens: Dendemann: Bring endlich mal was neues raus! Und wenn du nur deine Songs vom Neo Magazin Royal zusammenpackst und auf ein Album presst.

Der schlechteste Song des Albums kommt direkt danach: Rambo No. 5. Das passt nicht. Weiter! Mit Kater wirds wieder etwas ruhiger und besser. Textlich geht`s um den Tag nach nem harten Absturz. Kennen wir ja alle… Mit Rap & fette Bässe kommt dann wieder ein Party-Track, aber um welten besser als Rambo No. 5. Den wird man mit Sicherheit in dem ein oder anderen Club hören in den nächsten Monaten. Mit Spam kommt ein sozialkritischer Song, der den Medialen Overflow in Frage stellt. Auch wieder etwas ruhiger und vor allem nachdenklicher. Bei Thomas Anders gehts dann wieder etwas schneller zur Sache. Gastrapper Megaloh passt perekt in den Track und zu den Beginnern. Coole Nummer. Mit Track Nr. 11, Macha Macha, kann ich wiederum nix anfangen. Liegt vielleicht auch an Haftbefehl, zu dem ich eh noch nie einen Zugang finden konnte. Der vorletzte Song, Nach Hause, ist der ruhigste und machdenklichste Song auf dem Album, der sich auch mit der Flüchlingskrise auseinandersetzt.
Das Highlight des Albums verbirgt sich hinter Track 13. Bei der Laufzeit von 43 min. kommt man erstmal auf den Gedanken, dass bei Foxy Music, wie früher üblich, ein Hidden Track lauert. Aber nix da. Die Jungs rappen die kompletten 43 min. durch. Fast wie eine Freestyle-Session kommt das ganze daher. Verschiedene Songs, Beats, Geschwindigkeiten vermischen sich zu einem einzigen langen Track in dem auch Klassiker der Jungs neu interpretiert werden. Goßes Kino!

Fazit: Advanced Chemistry ist eins der besten deutschen Hip-Hop Alben der letzten Jahre, kann aber nur teilweise an die alten Zeiten anknüpfen. Es wird mit Sicherheit noch einige Monate durch meine Playlist laufen. Und jetzt freu ich mich auf das Konzert am 15. November in der Fürther Stadthalle.

/ Text: Jens Riedel /