Gehört / Musik

Plattenkritik: Kummer – KIOX

Am morgigen Freitag erscheint endlich das erste Solo-Album von Kraftklub Frontmann Felix Brummer. Wir konnten uns in den letzten Tagen einen guten Eindruck davon verschaffen und hier ist unser Fazit:

Ich hatte die große Ehre, bereits vorab in das heiß ersehnte Debütalbum von KUMMER reinzuhören. Der sonst als Kraftklubsänger bekannte Rapper hat Anfang des Jahres den Schritt gewagt, sich auch als Solokünstler auf dem Markt zu versuchen. Die bisherigen Singleauskopplungen aus dem Longplayer versprechen viel. Ob er an die bisherige Qualität anknüpfen kann? Lest selbst…

Nicht ganz unvoreingenommen hab ich mich an das Projekt gesetzt. Die Erwartungen waren hoch und ich kann schon so viel sagen: Ich wurde definitiv nicht enttäuscht.

12 Titel umfasst die Scheibe, 12 Titel, die zu großem Teil aus KUMMERS Leben erzählen. Gesellschaftskritisch und persönlich durchleuchtet er sein Leben, Ängste und Gefühle. Im Titel „Nicht die Musik“, welcher die Scheibe einleitet, kündigt er bereits an, er mache Rap wieder traurig. Dieses Vorhaben meint er ernst. Ein Großteil der Lyrics ist eher betrübt. Für mich eine willkommene Abwechslung in der heutigen Rapwelt.

Die Vorabsingles „9010“ und „Bei dir“ haben bereits einen Vorabgeschmack auf den düsteren Ton des Albums gegeben und sind auch die nächsten Tracks auf der Liste. Selbstkritisch rappt er gerade in „bei dir“ über seine Vergangenheit. KUMMER versteht es, sich selbst zu reflektieren und kritisieren.

„Schiff“- wow. Was soll ich sagen. Bereits bei diesem Track hat mich Felix Kummer direkt in seinen Bann gezogen. Der erste Titel, den ich zum Beginn des Probehörens noch nicht kannte. Hier vergleicht KUMMER seine Heimatstadt Chemnitz mit einem sinkenden Schiff. Aber er bleibt. Er bleibt und kämpft.

Weiter geht es mit „Der Rest meines Lebens“ eine eher unerwartete Kollaboration mit Max Raabe. Unerwartet, aber grandios! Zu alt, um jung zu sterben, Pärchenurlaube, Spieleabende. Er rappt über sein steigendes Alter und die Befürchtung, dass er doch noch ein Spießer werden könnte.

„26“ ein weiteres Brett. Emotional und ehrlich spricht er über den Tod eines vor Jahren verstorbenen Freundes. Das geht unter die Haut.

Im Track „Es tut wieder weh“ wird es nicht fröhlicher. Es geht um Depressionen und mit Sätzen wie „Wenn der Dealer einen Kittel trägt, sind wir keine Junkies, sondern Patienten“, ist dies auch deutlich herauszufiltern. Ein wichtiges Thema, gerade heutzutage, in einer Zeit, in der alle wieder mehr aufeinander achten sollten.

„Wie viel ist dein Outfit wert“ im Laufe der Woche auch noch zu einer Vorabauskopplung geworden, wird es hier gesalzener. Es wird gedisst. Unterschwellig, aber so sicher wie das Amen in der Kirche.

In „Aber nein“ wird es schon offensichtlicher. KUMMER wirft Messer in Richtung des Mainstreamraps. Gemeinsam mit LGooney und KeKe hat er einen gelungenen Track geschaffen.

Familienbesuche gehören scheinbar nicht zu seinen Lieblingsterminen im Jahr. In „Alle Jahre wieder“ rappt er über den uns wahrscheinlich allen bekannten Wahnsinn bei Familientreffen

Mit den Tracks „Okay“ und „Ganz genau jetzt“ findet die Scheibe ein Ende. Erneut zwei solide Tracks, die wieder relativ sozialkritische Themen besprechen.

Was soll ich großartig sagen. Ich bin hin und weg! Das Debüt ist meines Erachtens mehr als gelungen. Abwechslungsreich und fesselnd vom ersten bis zum letzten Track. Meine hohen Erwartungen an den Longplayer wurden definitiv erfüllt und KUMMER hat dafür gesorgt, dass ich in den nächsten Tagen auf jeden Fall den ein oder anderen Ohrwurm mit mir rumtragen werde und erst mal bei KIOX hängen bleibe.

Wer die Platte im Laden erwerben möchte, hat nur an diesem Wochenende die Chance dazu. Felix Kummer hat nur für das Release den alten Plattenladen seines Vaters wiederbelebt. Also ab nach Chemnitz- oder doch den Onlineversand wählen.

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// Text: Jenny Merkert // Foto: Presse //