Interviews / Musik / REIN & RAUS / Vorgestellt

We Brought A Penguin – Vital Signs

Mit „Vital Signs“ erscheint am 4. Mai das zweite Album von We Brought A Penguin. „Vital Signs“ ist dabei ein Album geworden, das wie aus einem Guss klingt. Und das im wahrsten Sinne, denn die zwölf Songs gehen fließend ineinander über. Mit diesem Trick laden We Brought A Penguin spielerisch leicht zu einem atmosphärischen Trip ein, von dem man nach knapp 45 Minuten Albumlänge nur schwer wieder heimkehren kann. Zu leicht und zu verlockend ist die nahtlose Wiedergabe des Albums von Neuem. So hat „Vital Signs“ das Zeug für eine verzaubernde Endlosschleife mit surfiger Folk- und Indieattitüde, auf die man sich nur zu gerne einlässt.

Im Vorfeld ihrer Album-Releaseparty am 4. Mai im Club Stereo haben wir mit Hannes und Patrick über den Übergang vom Duo zur Full Band, Textinspirationen und die Nürnberger Musikszene gesprochen.

HDIYL: Angefangen habt ihr als Duo. Live habt ihr nun zwei neue Bandmitglieder mit an Bord. Waren sie auch schon an der Albumproduktion beteiligt?

Patrick: An dem Album haben wir länger gearbeitet als die beiden jetzt an Bord sind. Christoph und Anka haben wir vor allem mit ins Boot geholt, um die Songs live als Full Band präsentieren zu können. Die kamen durch schöne Zufälle an uns heran und sind gerade live eine große Verstärkung für uns. Wir werden in Augsburg erst das zweite Mal zu viert spielen. Im Januar haben wir zu viert in Bamberg gespielt, das war die Live-Premiere. In Zukunft werden die beiden aber auch am Songschreiben beteiligt sein.

HDIYL: Aus einem Zwei-Mann-Projekt wird nun also eine Vierer-Band?

Hannes: Schon irgendwie, aber wir machen trotzdem auch noch als Duo weiter. Es haben nicht immer alle vier Zeit. Aber wir würden schon gerne, wenn es geht, zu viert spielen. Wenn man z.B. in der Katharinenruine zu zweit auf der Bühne steht, wünscht man sich doch eher eine Full Band. Dann sind wir froh, dass wir darauf zurückgreifen können. Aber es gibt auch Gigs, die man nur zu zweit spielt, wie z.B. in einer Bar.
Patrick: Jede Besetzung hat ihre Stärken und zu jedem Auftritt passt eine bestimmte Besetzung am besten. Es ist schön, dass wir variieren können. Wir haben in Tübingen seit langem mal wieder zu zweit gespielt und es war unglaublich schön und irgendwie auch ungewohnt. Dann merkt man den großen Unterschied – als Duo hören wir auf einmal ganz andere Sachen und auch den Zuhörern fallen ganz andere Sachen auf. Je mehr Instrumente man hat, desto mehr überdecken sie sich ja auch zeitweise. Es sticht dadurch nicht immer jedes Instrument klar hervor.

HDIYL: Wobei ihr ja auch schon bei eurem Debütalbum „The End Of Your Bed“ sowie auf eurer EP „Off To Ice Mountain“ Unterstützung von befreundeten Musikern (The Black Elephant Band, A Tale Of Golden Keys) hattet.

Hannes: Für die Produktion auf jeden Fall.
Patrick: Das liegt einerseits daran, dass man sich als Nürnberger Musikschaffender oft über den Weg läuft und gerne was zusammen macht. Das ist eine sehr angenehme, freundschaftliche Musikszene. Andererseits wohnen Jonas (A Tale Of Golden Keys), Jan (The Black Elephant Band) und wir im gleichen Haus und wir sind sowieso sehr eng miteinander befreundet.

HDIYL: Wie würdet ihr die Nürnberger Musikszene denn generell einordnen?

Hannes: Ich habe das Gefühl, dass sich die Szene ziemlich gut kennt. Aber dann entdeckt man hin und wieder doch wieder Bands, von denen man bisher noch nichts gehört hat. Es ist klein, überschaubar und ganz süß. Es ist alles schon auch ein bisschen Vetternwirtschaft.

HDIYL: Nun aber zu eurem neuen Album – worum geht es thematisch auf „Vital Signs“?

Hannes: Musikalisch gesehen ist es eine Art Konzeptalbum. Man sollte es sich am Stück genauso anhören in der Reihenfolge, weil die Songs ineinander übergehen. Aber lyrisch und inhaltlich ist es eher ein Potpourri. Die Hälfte der Songs ist in Kalifornien entstanden und diesen Einfluss spürt man. Die andere Hälfte der Songs habe ich dann irgendwann anders geschrieben, als wieder andere Themen präsenter waren. Es sind teils Momentaufnahmen aus irgendeiner Szene, in der ich mich befunden habe.
Patrick: Wie das wahrscheinlich für sehr viele Musiker gilt, ist das Reisen allgemein für uns sehr inspirierend – textlich wie auch musikalisch.
Hannes: Es geht immer sehr viel um Liebe, Freiheit – die großen Standardthemen. Und manchmal halt um einen Van. Thematisch kann man das mit dem ersten Album und der EP in Verbindung bringen.

HDIYL: Also seid ihr euch auch irgendwie treu geblieben?

Hannes: In gewisser Weise. Der Sound hat sich aber geändert: wir sind surfiger geworden.
Patrick: Wir sind zwar immer noch miserable Surfer, aber wir haben die Zeit genutzt, in der wir nicht Surfen geübt haben und haben an unserem Sound getüftelt. Wir haben gemerkt, dass uns der Sound gerade sehr gut gefällt. Mit dem Schritt kamen dann auch die anderen beiden mit dazu. Das war der richtige Moment, neue Musiker mit dazu zu holen. Den Gedanken hatten wir sehr lang und jetzt haben wir gespürt, dass wir live die Unterstützung bei größeren Auftritten brauchen.

HDIYL: Das hat ja auch etwas total Wertvolles, wenn ihr zwischen der Duo- und Full Band-Variante switchen könnt. Dann seid ihr doch sicherlich flexibler und breiter aufgestellt.

Patrick: Lustig, dass du flexibler sagst. Vier Leute für Proben oder Videodrehs zusammen zu bringen, ist überhaupt nicht flexibel. Früher war alles voll einfach, als Hannes und ich uns einfach gegenseitig gefragt haben, ob wir gerade Zeit haben und einfach was gemacht haben.

HDIYL: Hannes, du schreibst die Texte. Wie läuft der Songwritingprozess im Allgemeinen? Was ist zuerst da – Melodie oder Text?

Patrick: Ich finde schon, dass die Musik oft vor dem Text kommt.
Hannes: Definitiv. Ich schreibe ein Riff, eine Akkordfolge, dann mache ich die Gesangsmelodie und schreibe die Texte in diese Gesangsmelodie rein. Dann ist der Grundsong fertig und Patrick spielt seine Gitarre darauf.
Patrick: Das ist die eine Variante. Die andere Variante ist, dass mir musikalisch was Schönes einfällt, ich das Hannes vorstelle und dann geht es eigentlich weiter wie bei Variante 1. Die Musik steht sehr oft am Anfang bei uns.
Hannes: Ich improvisiere und spiele die Akkordfolge vor mich hin, meistens in einer Fantasie-englischen Sprache und dann müssen nur noch die passenden Wörter in diese Melodie und in den Rhythmus. Das passiert mal geplanter und fokussierter, wenn ich eine konkrete Geschichte erzählen möchte. Aber in letzter Zeit habe ich auch sehr Spaß daran, eher kryptische Texte zu schreiben, sodass man auch sehr viel Raum für Interpretationen hat. Oft ergibt sich ein Thema auch erst während des Schreibens, wenn ich schon zwei oder drei geschriebene Zeilen habe.

HDIYL: Wie kommst du zu Textideen?

Hannes: Wenn ich eine Idee habe, speichere ich das in mein Handy und versuche anschließend, den Text irgendwo unterzubringen oder ich nehme das als Themenvorlage.
Patrick: Eine Ausnahme gibt es noch: den Song „Prince Charming II“ haben wir ganz romantisch zu zweit geschrieben. Dieser Song ist von Anfang bis Ende innerhalb einer Stunde entstanden.

HDIYL: Wie lange habt ihr an den Songs gefeilt? Habt ihr direkt nach eurer EP 2016 angefangen?

Hannes: Nein. „Prince Charming II“ war Ende 2017 der erste Song, der stand. Dann habe ich mit dem Songschreiben letztes Jahr in Kalifornien angefangen, etwa von April bis Juni. Da habe ich so vier, fünf Songs geschrieben. Die Songs sind in den weiteren zwei oder drei Monaten entstanden.

HDIYL: War es von Beginn an als Album geplant?

Hannes: Ja, Patrick hat ein bisschen gedrängt.
Patrick: Es war mein Wunsch, weil ich das schon sehr lange vor hatte, auch mal Songs musikalisch miteinander zu verbinden und es wie als einzelnes Lied durchklingen zu lassen.
Hannes: An manchen Songs haben wir schon lange gefeilt und manche waren schnell geschrieben und fertig. Wir haben uns definitiv noch nie so viele Gedanken über die Songs gemacht wie bei diesem Album.
Patrick: Und wir hatten noch mehr Außenstehende mit dabei. Das erste Album haben wir mit Ausnahme vom Mundharmonika-Solo von The Black Elephant Band komplett alleine gemacht. Bei der EP war Jonas von A Tale Of Golden Keys mit dabei und hat das Schlagzeug eingespielt, was er jetzt wieder gemacht hat. Dann haben wir zusätzlich noch einen Trompeter für ein Lied mit dabei. Anka hat Bass gespielt, gesungen und Geige gespielt. Ich denke, dass das auch viel ausmacht, noch mehr Menschen mit rein genommen zu haben.

HDIYL: Sind das Menschen, die auch wirklich mit über die Songs bestimmt und diese geprägt haben? Oder habt ihr vorgegeben, wie sie die Songs spielen sollen?

Hannes: Die Songs waren grundlegend schon da und wir haben gesagt „Spielt da was drauf“. Den Song haben sie an sich nicht mehr verändert, aber wir haben dem trotzdem freien Lauf gelassen.
Patrick: Das sind ja auch alles großartige Musiker, die eigene Ideen haben und wir sind auch an den Ideen dieser lieben Menschen interessiert. Es gab schon Stellen, an denen wir wirklich genaue Vorstellungen hatten und dann ist es schwer, sich davon zu trennen. Wir haben uns auf jeden Fall von den Leuten überzeugen lassen, die mitgemacht haben.
Hannes: Jonas von A Tale Of Golden Keys wirft die Songs am meisten um. Aber das ist gut, er darf das! Wenn er die Drums einspielt, schlägt er etwas vor und in 50 Prozent der Fälle machen wir es dann auch so.

HDIYL: Was ist denn angenehmer? Wenn ihr nur zu zweit an einem Album arbeitet oder wenn auf einmal fünf oder sechs Leute an der Produktion beteiligt sind?

Patrick: Wir finden schon immer einen guten Mittelweg, mit dem jeder gut leben kann. Das hat zu zweit schon immer sehr gut funktioniert.
Hannes: Wenn, dann findet die Grunddiskussion eher zwischen Patrick und mir statt. Mit den ganzen anderen Musikern ist das nichts so Grundlegendes, das man diskutieren muss. Ich glaube, es nimmt sich nichts, ob wir das zu zweit oder mit vier weiteren Musikern machen.
Patrick: Wir sind aber auch gerade an einem Übergang vom Duo zur Full Band. Wir planen, die Songs nach diesem Album zu viert zu schreiben und alle von Anfang an mit dabei zu haben und nicht erst, wenn das Album aufgenommen wird.

HDIYL: Habt ihr das Gefühl, über die letzten Jahre professioneller geworden zu sein?

Hannes: Unser Anspruch ist professionelle Unprofessionalität. Das soll auch so bleiben.
Patrick: Wir haben uns schon in einigen Punkten professionalisiert. Wir wissen jetzt, was die Leute von uns wollen, wenn jemand nach Pressetexten fragt. Wenn jemand einen Technical Rider von uns möchte, dann haben wir einen. Wir können uns einigermaßen trittsicher in der Szene bewegen.

HDIYL: Gilt diese „Professionalisierung“ auch für das Songwriting, das Spielen der Instrumente oder das Gehör für gute Songs?

Patrick: Gestern Abend bei unserem ersten Duoauftritt seit langem habe ich festgestellt, dass wir durch die vielen Jahre gut wissen, wie der andere spielt und dass wir gut aufeinander abgestimmt sind. Dass wir uns blind verstehen ist jetzt vielleicht ein bisschen zu cheesy, aber wir wissen sehr genau, wie der andere spielt und denkt. Das ist durch die Zeit entstanden.

HDIYL: Einst habt ihr euch The Schnauzörs genannt – was war an diesem Bandnamen so falsch?

Patrick: Es haben sich viele Freunde von uns beschwert, dass wir diesen Namen geändert haben!
Hannes: Wir haben uns Schnauzer stehen lassen und schnell gemerkt, dass der Namen die ganze Zeit Schnauzer erfordert.
Patrick: Deswegen haben wir jetzt immer lieber einen Pinguin dabei, das ist viel einfacher.

HDIYL: Übrigens herzlichen Glückwunsch, dass ihr es zum Unter Einem Dach Festival am 10. Mai per Publikumsvoting geschafft habt. Spielt ihr lieber auf großen Festivals oder doch lieber in kleinen Wohnzimmerlocations?

Patrick: Erst einmal wollen wir uns bei allen bedanken, die einen Facebook-Daumen gegeben haben. Es ist nicht schön, um Likes zu betteln.
Hannes: Das ist echt ziemlich räudig.
Patrick: Das wollen wir auch so schnell nicht nochmal machen. Wir sind sehr froh, dass wir bei dem Festival dabei sein können. Wir freuen uns auf das Konzert, weil wir auch als Full Band spielen können. Aber ich habe wirklich den Wunsch, dass wir immer wieder auch zu zweit spielen können. Wir wollen im September auch ein bisschen auf Unplugged-Sets umstellen und es immer mal wieder auf diesen kleinen Rahmen runter brechen. Aber ich glaube, jeder, der mal in einer Band gespielt hat, weiß, was das für ein schönes Gefühl ist, noch ein Schlagzeug im Rücken zu haben. Das ist einfach ein ganz anderes Feeling beim Spielen und vor allem auch beim Zuhören.
Hannes: Festivalgigs gefallen mir natürlich schon mehr, aber das liegt auch daran, dass wir die noch nicht so oft hatten. Ich würde sagen, 70 Prozent unserer Gigs waren eher in einem intimeren Rahmen. Nur unter 10 Prozent waren ziemlich groß.
Patrick: Was ist mit den anderen 20 Prozent?
Hannes: Ja, die waren mittelgroß. Das ist schon ein Highlight, wenn man in der Katharinenruine auf der großen Bühne steht oder beim Bardentreffen.
Patrick: Die Größe, die uns gerade am besten gefällt, dürfen wir am 4. Mai beim CD-Release im Club Stereo genießen. Club Stereo ist schon ein sehr schöner Laden, wenn man da sein Album veröffentlichen darf.

Und genau das solltet ihr tun – kommt am 4. Mai zur Album-Releaseparty und zelebriert zusammen mit We Brought A Penguin sowie ihren Freunden Rainer Reiher und Sneaky Bones. Wir sagen vielen Dank für das Gespräch und wünschen eine sensationelle Release-Party!

https://www.facebook.com/webroughtapenguin/
https://webroughtapenguin.de/

/ Interview: Sarah Grodd /
/ Bild: Florian Weichelt /