Nachbericht: Nürnberg Pop 2025
Auch dieses Jahr fand wieder das Nürnberg Pop Festival statt. Natürlich waren auch wir wieder mit dabei und haben euch mitgenommen. Süddeutschlands größtes Club- und Showcase-Festival fand vom 9.10. bis 11.10. in der Nürnberger Innenstadt statt und brachte Musikfans an verschiedenen Kulturorten wie Kirchen, Museen, Bekleidungsgeschäften und Plattenläden zusammen. Die dazugehörige Pop Conference bot eine breite Palette von Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Workshops rund um die Musikbranche und kulturelle Aspekte.
Nachdem am ersten Festivaltag die Nürnberger Pop-Kulturpreisverleihung GUNDA stattfand, ging es für mich am Freitag gegen späteren Nachmittag in die Katharinenruine zu Tjark. Der Innenhof der Ruine füllte sich kurz nach Einlass mit einer Menge Fans. Sobald Tjark die Bühne betrat, war klar: Dieser Auftritt wird noch lange im Gedächtnis bleiben. Fans sangen laut mit, und alle waren wie verzaubert von seinen poetischen Texten. Noch sympathischer wurde Tjark für einige, als er durch eine kleine Anekdote erzählte, wie er es geschafft hat, Musiker zu werden. Sein Bruder habe ihn überredet, ein TikTok mit seiner Musik hochzuladen. Am 31.12.2022 habe er das dann gemacht und erreichte quasi über Nacht eine Aufrufzahl, mit der er nicht gerechnet habe. Eigentlich hasst Tjark TikTok, aber dafür werde er für immer dankbar sein, verrät er lächelnd.

Weiter ging es für mich im Neuen Museum. Auch wenn ich mich auf 6euroneunzig gefreut hatte, die krankheitsbedingt absagen mussten, freute ich mich auf den Ersatz: Antifuchs. Nachdem wir von ihrem DJ Dufte durch seine eingängigen Beats aufgewärmt wurden, kam die Rapperin mit der Fuchsmaske und etwas Verspätung auf die Bühne. Ihre politisch-linke Einstellung wurde in den Lyrics sowie in ihren Ansagen zwischen den Songs spürbar. Es wurden die ersten Moshpits des diesjährigen Nürnberg Pop gestartet und die Hip-Hop-Arme im Takt geschwungen. Bei Liedern wie „Randale und Heckmeck“ oder „Back to the roots“ zeigte die Berliner Rapperin selbstbewusst ihre politische Haltung und kündigte am Ende des Konzerts ihre diesjährige Weihnachtstour an.

Anschließend ging es weiter im Festsaal mit Jolle. Nachdem ich sie auf dem Reeperbahn Festival bereits live erleben durfte, freute ich mich umso mehr auf dieses Konzert. Die hohen Erwartungen wurden übertroffen: Mit ihren langen blonden Zöpfen und dem typischen Teddybär-Mikrofonständer, der perfekt in das Teddy-themed Bühnenbild passte, verzauberte Jolle die Crowd ab dem ersten Ton. Ihre melancholischen Texte brachten sogar den ein oder anderen im Publikum zum Weinen. Leider konnte ihr Drummer nicht dabei sein, da dieser lieber in Urlaub geflogen ist. Dies störte Jolles Performance jedoch überhaupt nicht. Mit der perfekten Mischung aus melancholischen sowie fröhlichen Liedern schaffte Jolle es, das Publikum zu begeistern. Ihre sympathische Art und ihre gute Laune wirkten direkt ansteckend. Besonders positiv fiel auf, wie dankbar die Künstlerin ist, auf Bühnen wie dieser stehen zu dürfen. Neben dem Song „Alle Märchen sind gelogen“, auf dem sie als Feature von Cro mit dabei ist, wurde Jolle bekannt. Jolle nutzt die Bühne aber auch, um über Themen zu sprechen, die oft im Verborgenen bleiben – allen voran Themen wie Mental Health und die Bedeutung beziehungsweise Wichtigkeit von Psychotherapie. Besonders spürbar wurde dies bei dem Song „Schwarze Wasser“. Spätestens nach diesem Auftritt war klar: Jolle braucht kein Cro-Feature – auch alle anderen Songs sind einfach fantastisch.

Nach der After-Show-Party im Stereo und ein paar wenigen Stunden Schlaf ging es für mich am nächsten Tag weiter mit meinem diesjährigen Nürnberg Pop-Highlight ok.danke.tschüss. Ähnlich wie Jolle machten auch OkDankeTschüss auf die Wichtigkeit und Normalität von Psychotherapie aufmerksam. Die Setlist war eine perfekte Mischung aus alten Songs und Songs ihres neuen Albums „Knutschen und Boxen“, das am Tag zuvor released wurde. Eva erzählt lächelnd, dass sie Sexismus scheiße findet und sie diesen ganz getreu des Albumnamens „Knutschen und BOXEN“ boxen möchte. Am Ende des Auftritts sammelt die Sängerin Eva Wörter, die ihr das Publikum zuruft, und zaubert daraus zusammen mit ihrer Band innerhalb weniger Minuten ein großartiges Freestyle-Lied, das die Menge zum Staunen brachte.

Weiter ging es mit Wallners an der Katharinenruine. Auch wenn das Licht für uns Fotografen eher zu wünschen übrig ließ, verwandelte es die Location in einen wunderschönen, mystischen Ort, der zum Träumen und Loslassen einlud. Die perfekt aufeinander eingestimmte Band harmonierte unglaublich mit der Sängerin und schuf ein perfektes Gesamtbild.

Dani Lia brachte anschließend eine Menge junger Fans in den Heilig-Geist-Saal. Die Crowd war so textsicher wie wahrscheinlich noch nie auf dem Nürnberg Pop. Spätestens nach dem kleinen Moshpit zu dem Lied „Taubes Herz“ sprang und tanzte die ganze Halle zu Danis eingängigen Liedern.

Anschließend ging es für mich in den Kulturgarten zu Vicky. Schon ihr DJ heizte die Crowd ordentlich ein, bevor Vicky selbst auf die Bühne kam. Direkt, provokant und ohne Angst vor Tabus rappte sie über Sex, Haltung und Hater, als wäre es das Normalste der Welt. Dass sie währenddessen ihre Periode hat, mit PMS zu kämpfen hat und sich schwindelig fühlt, erwähnte sie nur nebenbei – auf der Bühne ließ sie sich nichts anmerken. Statt Mitleid gab es klare Kante und einen riesigen Abriss.

Während Vicky auf der anderen Bühne spielte, lieferten Blackout Problems ein energiegeladenes Rock- Set, das keine Wünsche offen ließ. Der Sänger mischte sich zeitweise direkt unter das Publikum, die Verbindung zu den Fans war spürbar nah. Die Stimmung war intensiv, die Luft heiß, obwohl draußen Septembertemperaturen herrschten. Unterstützt wurden sie stimmlich von Chiara und Leonie der befreundeten Band Umme Block, die später noch im Neuen Museum spielten – ein kleiner Verweis von der Bühne reichte, um klarzumachen: Wer sie nicht sehen geht, verpasst was.

Jetzt freute ich mich sehr auf Gwen, die anschließend ihre Show spielte. Bekannt als Teil von der Band Tränen, aber auch solo absolut überzeugend. Mit sympathischer Ausstrahlung, starken Songs und mehreren liebevollen Mini-Outfitwechseln zeigte sie, dass sie auch allein mühelos trägt. Gwen braucht kein großes Drumherum, um zu glänzen – ihre Präsenz spricht für sich.

Gestern noch Album-Release, heute schon auf der Bühne: Paul Wetz zeigte als letzter Act des Festivals, dass er live genauso überzeugt wie im Studio. Zwischen emotionalen Momenten und treibenden Beats entstand eine mitreißende Mischung aus Gefühl und Rave. Man spürte, dass er Bock hatte und das Publikum genauso. Ein perfekter Abschluss für dieses wunderschöne Festival.

Das Festival überzeugte mit einer abwechslungsreichen Mischung aus Genres und einem starken Fokus auf Newcomer*innen. Die Verteilung auf verschiedene Indoor- und Outdoor-Locations in der ganzen Stadt verlieh dem Event eine besondere Atmosphäre – weniger klassisches Festival, mehr musikalischer Stadtspaziergang. Auch der Zeitpunkt war gut gewählt: Abseits der überfüllten Hauptsaison, ohne Terminkollisionen mit anderen Großveranstaltungen.
Etwas weniger rund lief es dagegen teilweise bei der Organisation. Die Shows starteten erst am späteren Nachmittag, was zu unnötigen Überschneidungen führte. Das ist vor allem für kleinere Acts schade. Für Unmut sorgte auch die widersprüchliche Kommunikation rund um die Einlasssituation: Online und laut Security hieß es teils, man müsse zwischen den größeren Acts die Location verlassen und sich neu anstellen, was dann aber oft doch nicht so war. Diese widersprüchlichen Infos sorgten bei vielen Besucher*innen für Stress welcher vermieden werden können.
Um solche Probleme in Zukunft zu entzerren, wäre es sinnvoll, einige Acts bereits am frühen Nachmittag spielen zu lassen. So könnte sich das Programm besser verteilen, Überschneidungen reduzieren und der Ablauf entspannter werden.
Unterm Strich bleibt: ein vielseitiges Festival mit starkem Line-up und großem Potenzial, das mit etwas klarerer Planung und Kommunikation noch runder laufen könnte.

// Text & Bilder: HDIYL – Titelbild: Sarah Weinberg //
