Schreibschwein © David Häuser
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Superpower

Ich hatte mal eine Freundin mit einer ganz sehr besonders speziellen Gabe. Ich würde sogar sagen: eine Superkraft. Diese Freundin konnte nämlich allein kraft ihres Willens ihre Peristaltik kontrollieren und somit ungeachtet aller äußeren Umstände ihre Verdauungsprozesse an diese anpassen. So erfreute sie sich beispielsweise in einem zweiwöchigen Campingurlaub irgendwo in der kroatischen Walachei eines ausgezeichneten Durch- und Langschlafs ohne jegliche Verlegenheit, nächtliche Wanderungen durch Fröstel und Regen über den Campingplatz zum nächsten Klohäusel unternehmen zu müssen und schlief bis spät in den Tag hinein den Schlaf der Gerechten, ohne dass ein Hauch von Notdurftnot sie aufzuwecken vermochte. Während wir anderen kaum dass wir uns hingelegt hatten schon wieder den Schlafsack von uns schälen, uns mit Crocs und Gummistiefeln oder Regenschirmen bewaffnen und die lästige Reise antreten musste und morgens mit der ersten Regung Sonnenschein direkt auch sogleich einen dringenden Klowunsch verspürten, der keinen Aufschub gestattete. An dieser Frau habe ich gestern Abend gedacht. „Warum bin ich so, dass ich lieber eine halbe Stunde im warmen Bett liege und versuche, etwas absolut Unausweichliches irgendwie durch Denkarbeit sich in Luft auflösen zu lassen, obwohl ich weiß, dass ich ohnehin verliere, anstatt einfach schnell aufzustehen und aufs Klo zu gehen?“ habe ich laut durch den Palast gewehklagt. „Genau“, hat der Mann klug ergänzt, „und dann schläfst du dabei ein und musst dafür nachts raus, du Dummerchen.“ Was mir überraschenderweise lieber ist. Zumal im Winter. Gerade hat man sich endlich vor der garstigen Dunkelheit und grausigen Kälte der Welt im Allgemeinen und der Wohnung im Speziellen in die wunderschöne Bettwärme geflüchtet, das Nest schön vorgeheizt von der Wärmi, alle Körperteile bis hinauf zur Nase sicher unter Daunen verstaut, und dann drückt die Blase und man soll schon wieder aufstehen, damit man nachts nicht mehr muss? Pah! Ich sitz bzw. lieg das aus! Schnell einschlafen und die Blase überlisten ist die Devise, weil viel lieber geh ich nachts aufs Klo, wo ich nicht über mögliche Kälte nachdenke, sondern über gar nichts, mir deswegen auf dem Weg die Hand am Türgriff anhaue, den Kopf am Regalvorsprung und den kleinen Zeh an einer unvermittelt aufgetauchten Türschwelle. Zurück im Bett fühle ich mich dann gerettet und entspannt und noch dazu um die große Freude beschenkt, noch drei oder fünf Stunden schlafen zu können – ein großer Genuss! Meinem Bruder, derzeit in Nepal wanderurlaubend, stellt sich die Frage nicht: „Es ist hier acht Uhr abends, ich lieg in voller Merinomontur samt Mütze und Schal im Polarschlafsack in irgendeiner unbeheizten Baracke, und wie jeden Abend bete ich, dass ich nicht heut Nacht bei mittlerweile Minus zehn Grad aufs Klo muss“, reiseberichtete es gestern. So gesehen: Es könnte alles schlimmer sein. Meine Superpower: schlafen!

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~