
Nachbericht: Kessel Festival 2025
Auf der Cannstatter Wasen in Stuttgart findet seit 5 Jahren das Kessel Festival statt. Dieses Jahr mit illustren Gästen wie Deichkind, Kontra K, Ski Aggu, Max Herre & Joy Denalane, Paula Hartmann, Ennio, Paul Wetz, Esther Graf und vielen mehr. Annabel war für uns vor Ort und hier ist ihr Nachbericht.
Vom 4. bis 5. Juli 2025 fand auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart das Kessel Festival statt – und lockte nicht nur Musikliebhaberinnen, sondern auch zahlreiche Familien an. In seiner fünften Ausgabe überzeugte das Festival mit einem vielfältigen Line-up, FLINTA-freundlicher Besetzung und einem umfangreichen Mitmach- und Kulturprogramm. Auch wir waren für euch vor Ort und haben Eindrücke gesammelt. Taucht mit uns ein in die besondere Atmosphäre des Kessel Festivals – und staunt, wie sehr sich der bekannte Wasen für ein Wochenende verwandelt hat.
Kessel Festival 2025: Mehr als ein starkes Line-up
Bereits ab 11:00 Uhr konnten Besucher*innen die verschiedenen Bereiche und Angebote des Festivals entdecken. Besonders positiv fiel die Vielzahl an Mitmachangeboten auf: Von Kreativstationen wie Fächer bemalen, Glitzer-Make-up oder Makramee bis hin zu einem eigenen Familien- und Kinderbereich. Dort wurde balanciert, geklettert, getobt und gespielt – die Augen der Kinder leuchteten, und dank der vielen verschiedenen Angebote hielten sich auch die Wartezeiten in Grenzen.
Auch für Sportbegeisterte wurde einiges geboten: Slackline, verschiedene Ballspiele, Stand-up-Paddling, Cheerleading-Shows und sogar ein Volleyballfeld waren Teil des Programms. Zum Entspannen luden liebevoll gestaltete Ruhebereiche mit Bänken, Sitzsäcken oder Hängematten ein. Dennoch: Auf Social Media wurde mehrfach kritisiert, dass es an ausreichend Schattenplätzen mangelte – eine berechtigte Kritik bei den sommerlichen Temperaturen.
Positiv fiel hingegen auf, dass das Festival an kostenlosen Wasserstellen nicht sparte – allerdings wäre eine bessere Beschilderung zu diesen wünschenswert gewesen.
Ein Festival mit Haltung: Der Tomorrow Markt
Beim Schlendern über den Tomorrow Markt begegneten uns neben den Second Hand Ständen spannende, gesellschaftlich relevante Themen. So gab es etwa Stationen zur Aufklärung über Alkoholismus, Barrierefreiheit und LGBTQ+-Themen. In einem Rollstuhl konnte man sich auf einem kleinen Parcours ausprobieren – ein eindrucksvolles Erlebnis.


Was besonders auffiel: Die Stände waren nicht nur informativ, sondern kreativ und interaktiv gestaltet – etwa mit Quizzen oder kleinen Gewinnspielen. Das führte dazu, dass sie gut besucht und auch für ein Festivalpublikum attraktiv waren. Ein starkes Zeichen dafür, dass auch politische und soziale Inhalte auf einem Musikfestival ihren Platz haben.



Musik-Highlights: Authentisch, nahbar, emotional
Die queere Sängerin Lara Hulo eröffnete die Zeltpalast-Bühne. Trotz technischer Schwierigkeiten, die sich teilweise negativ auf den Ton auswirkten, konnte sie das Publikum mit ihrer rauchigen Stimme und ihrer sympathisch-authentischen Art begeistern. Besonders bei ihrem Song „Für Anni“ sangen viele im Publikum mit – ein emotionaler Moment.


Später trat GReeeN auf der Zeltpalast-Bühne auf. Seine liebevolle Art und die spürbare Harmonie mit seiner Band sorgten für eine mitreißende Stimmung. Besonders sein Gang ins Publikum, bei dem er mit Fans sang, sie Umarmte und so mit ihnen interagierte hinterließ bleibenden Eindruck. Besonders beeindruckte das harmonische Zusammenspiel zwischen GReeeN und seiner Band – man spürte, dass sie nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich perfekt aufeinander eingespielt waren.


Als Headliner des Abends sorgten Deichkind auf der Hauptbühne für eine energiegeladene Show. Mit mehreren Outfitwechseln, fahrenden Bühnenelementen und spektakulären Visuals verwandelte sich der Platz in eine tobende Partyzone. Zu „Remmidemmi“ flogen Federn durch die Luft. Als dann zum Finale die Band auf einem riesigen Fass durch die Menge fuhr, waren die Fans der Band so nah wie noch nie.

Weitere Highlights & Atmosphäre
Techno Stage
Die etwas abgelegene Techno-Stage hatte ihren ganz eigenen Vibe – fast wie bei einem Electro Festival fühlte man sich dort. Mit Liebe zum Detail war dieser Bereich geschmückt, es gab kleine Tippis, Sitzmöglichkeiten und Lampinios. Allerdings war der Zugang nicht optimal: schlecht beleuchtet und mit Stolperfallen durch Baumwurzeln. Hier besteht klarer Verbesserungsbedarf.
Die Newcomerin Yola eröffnete den Samstag auf der Einhornbühne. Trotz kleinerem Publikum herrschte eine intime Atmosphäre. Besonders ihr Song „Blonde Maus“ brachte die Menge in Bewegung. Zwar performte sie größtenteils mit Backing Tracks – was sie laut einem früheren Livestream aus Nervosität noch bevorzuge – doch stimmlich hätte sie das gar nicht nötig.


Trotz der Hitze brachte Paul Wetz das Publikum auf der Hauptbühne zum Tanzen. Sein Mix aus deutschen und englischen Songs sorgte für ausgelassene Stimmung und ließ alle die Sorgen kurzzeitig vergessen.


Esther Graf zog ein jüngeres Publikum an und überzeugte durch ihre Nähe zu den Fans. Besonders rührend: Nach dem Konzert stieg sie von der Bühne, um mit den Fans zu sprechen, Fotos zu machen und Umarmungen zu verteilen. „Ich muss mich nur etwas beeilen – ich möchte Dani Lias Auftritt noch sehen!“, verriet sie währenddessen lächelnd.


Empfohlen von Esther – und zurecht! Die österreichische Künstlerin Dani Lia spielte später auf der Einhornbühne. Seifenblasen flogen durch die Luft, das Publikum war textsicher, und beim Finale betrat Freundin Yola erneut die Bühne um einen Song zusammen zu singen – Gänsehautmomente inklusive.


Bosse füllte am Abend die Zeltpalast Bühne mit seiner energiegeladenen, offenen Art. Seine Show war tanzbar, emotional und ein Plädoyer für Toleranz.

Den Abschluss machte Paula Hartmann – für viele ein Highlight. Ihre klare, verletzliche Stimme und das poetische Großstadtmärchen ihrer Texte erschufen eine ganz eigene Atmosphäre. Passend zum Album „Kleine Feuer“ wurde der Auftritt mit Feuerfontänen und Konfetti inszeniert – ein würdiger Abschluss.


Fazit zum Kessel Festival 2025
Das Kessel Festival 2025 überzeugte insgesamt mit einem starken und vielfältigen Auftritt. Besonders positiv hervorzuheben ist das FLINTA*-freundliche Line-up, das für mehr Sichtbarkeit und Vielfalt auf der Bühne sorgte. Auch die Förderung junger Talente wurde ernst genommen: Mit der Newcomer-Stage und dem Band-Contest bot das Festival eine echte Plattform für aufstrebende Acts. Zahlreiche Mitmachangebote machten das Festival zudem familienfreundlich, und auch kulinarisch zeigte man sich modern – mit einem breiten Angebot für Veganerinnen und Vegetarierinnen, das weit über die üblichen Pommes hinausging.
Allerdings gab es auch organisatorische Schwächen: An beiden Tagen herrschte Uneinigkeit darüber, was aufs Gelände mitgenommen werden durfte – teils wurden Gegenstände konfisziert, die zuvor erlaubt waren. Die Security wirkte in solchen Fragen nicht ausreichend geschult. Auch fehlte es an Schattenplätzen, einer klareren Beschilderung zu Wasserstellen sowie an Beleuchtung auf den Nebenwegen. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Headliner-Ticket-System: Zwar wurde kommuniziert, dass die Bühnenbereiche vor den Headlinern geräumt würden – in der Praxis geschah dies jedoch nicht, was zu Unmut bei regulären Ticketinhaber*innen führte.
Trotz dieser Mängel bleibt ein insgesamt positives Bild: Das Kessel Festival 2025 hat gezeigt, wie ein modernes, inklusives und vielseitiges Festival aussehen kann und auch für Familien attraktiv gestaltet werden kann– mit noch etwas Luft nach oben in der Organisation
// Text & Bilder: Annabel Bader //