Live / Musik

Nachbericht: Voodoo Jürgens beim St. Katharina Open Air

Aktuell läuft noch das St. Katharina Open Air in der wunderschönen Nürnberger Katharinenruine. Insgesamt 12 Konzerte finden da vom 21. Juni bis zum 05. Juli statt. Wir sind da unter anderem auch mitpräsentatoren. Am 23. Juni war der fantastische Voodoo Jürgens zu Gast und Désirée hat für uns einen Nachbericht geschrieben und wunderbare Bilder gemacht.


Der Wind geht durch die alten Mauern der Katharinenruine, warm, wie die Luft an diesem heißen Sommerabend. Der Regen des Nachmittags ist längst Geschichte, die Stimmung im Publikum gelöst. Lächelnde Gesichter überall, noch bevor überhaupt ein Ton gespielt ist. Heute treffen sich Musikkenner:innen, die sich abseits vom Mainstream für die guten Unterarten der Kunst interessieren. Die angeregten Gespräche enden gegen 20 Uhr, denn es thr sich etwas: Keine Vorband, keine Umwege – Voodoo Jürgens, alias David Öllerer, tritt mit seiner Band Ansa Panier direkt auf die Bühne. Die pittoreske Kulisse passt zum Künstler: ein bisschen morbide, ein bisschen verschroben aber ganz viel Charme. Die eisblauen Augen glitzern, als Voodoo Jürgens seine Band einzählt: der magische Moment, die Synkope kurz vor dem ersten Ton, wird nie alt.

Über 90 Minuten lang entfaltet Voodoo Jürgens seine Welt, lakonisch, direkt, immer auf Augenhöhe und nie urteilend. Er erzählt von Menschen, wie sie einem überall begegnen könnten – wenn man nur genau genug hinsieht. Da ist Hansi, der Boxer, ein Prachtkerl mit einem starken Schlag oder Gitti, die nicht hören will, was gut für sie wäre. Willi, getrieben von Trauer und Rachegedanken. Und das Café Fesch, ein Ort irgendwo zwischen Absturz und Alltagsdrama. Öllerer versetzt sein Publikum in das morbide Wien und seine Beisl, wo das Leben die ehrlichsten Geschichten schreibt.

Nichts davon wirkt ausgedacht. Jeder Text sitzt, jedes Lied lebt von Beobachtungsgabe, Zärtlichkeit und einer Portion Morbidität. Voodoo Jürgens gelingt das Kunststück, seine Figuren nicht zu karikieren, sondern sie mit Leben zu füllen – mit all ihren Fehlern, Hoffnungen und Sackgassen. Die Band umrahmt das alles mit einem Sound, der sich jeder Schublade entzieht: zwischen Austropop, Wiener Lied und einem guten Schuss Jazz. Besonders die jazzigen Zwischenspiele setzen Akzente, die das ohnehin ungewöhnliche Konzert auf ein ganz anderes Niveau heben.

Das Publikum folgt aufmerksam, textsicher, oft mitwippend. Einige tanzen, andere hören einfach nur zu, wie verzaubert. Jürgens selbst ist der Gegenpol zu seinen oft düsteren Liedern: witzig, ironisch, mit einem verschmitzten Lächeln und charmanten Ansagen. Die Leichtigkeit, mit der er schwere Themen verpackt, die macht ihm so schnell keiner nach. Stundenlang könnte man ihm zuhören, wie er in seinem aus der Mode gefallenen Anzug, den alten Lederstiefeln, einem Glas Wein und einer Tschick Musik macht.

Nach Klassikern wie „Heute grob ma Tote aus“ und „In deiner Nähe“ endet das Konzert mit dem melancholischen „Wehauweh“. Kein Knall, kein Pathos – sondern ein leiser, stimmiger Ausklang in einer besonderen Atmosphäre. Der Wind trägt die letzten Töne durch die Ruine. Die Gesichter sind noch immer lächelnd.

// Text & Bilder: Désirée Pezzetta //