
Zwischen DIY, Liebe und Kulturhauptstadt-Vibes – Power Plush im Interview
Chemnitz, Kulturhauptstadt Europas 2025. In einer Stadt, in der sich gerade vieles neu sortiert – zwischen Festivalplänen, kreativen Orten und kulturellem Aufbruch – trifft Sarah die Indiepop-Band Power Plush. Im gemütlichen Proberaum der Band spricht Sängerin und Bassistin Anja mit ihr über Musik als Safe Space, die Kraft von Gemeinschaft und das, was Chemnitz für sie so besonders macht.
Aktueller Anlass: Am 12. September erscheint ihr zweites Studioalbum mit dem Titel „Love Language“.
„Wir treffen uns hier immer, arbeiten an neuen Songs und planen gerade machen auch unsere Live-Show.“, erzählt Anja. Seit 2019 gibt es Power Plush. Die Band hat sich, wie so viele gute Geschichten beginnen, durch eine gemeinsame Freundin und ein Radler zusammengefunden. „Ab da haben wir Songs gecovert und uns mal so ausprobiert. Ungefähr ein Jahr später kam dann noch Nino als Schlagzeuger dazu. Und im August 2020 haben wir unsere erste Single veröffentlicht.“ So wurde aus einer zufälligen Chemnitz-Connection eine Band, die heute für ehrlichen Indie-Pop mit Herz steht.
Chemnitz als Nährboden für Kreativität
Auch wenn nur Schlagzeuger Nino gebürtig aus Chemnitz stammt, ist die Stadt für alle vier Bandmitglieder längst zur Heimat geworden – aus gutem Grund: „Chemnitz hat unglaublich viel Raum. Wenn man kreativ sein möchte, hat man hier irgendwie den Raum, sich auszuleben und viele Menschen, die auch wollen, dass man das macht und einen dabei unterstützen.“
Für Anja ist die Stadt auch deshalb besonders, weil man hier nicht nur konsumiert, sondern selbst aktiv wird: „In den meisten Fällen musst du selber irgendwie so ein bisschen mitmachen, wenn Kultur hier existieren soll. Wenn du darauf Bock hast, dann bleibst du hier, weil du es hier halt machen kannst und eine Stadt in gewisser Weise auch mitgestalten kannst.“
Kulturhauptstadt? Chemnitz bleibt sich treu
Natürlich geht es im Gespräch auch um das Label „Kulturhauptstadt“. Spürt man etwas davon? Anja sagt: „Man merkt natürlich schon, dass dadurch viel Bewegung in die Stadt gekommen ist.“ Gerade für kreative Selbstständige wie sie oder ihre Bandkollegin Mia, die als Illustratorin arbeitet, sei das ein echter Schub: „Es sind Jobs entstanden, die der Bubble helfen, weil kulturschaffende und kreative Menschen dadurch ihr Geld verdienen können.“
Gleichzeitig bleibt sie realistisch – und Chemnitz bleibt eben auch Chemnitz: „Es wäre nicht Chemnitz, wenn nicht auch Chemnitzer:innen sagen würden, dass das irgendwie Quatsch ist. Aber ja, ich finde, es wurde auf jeden Fall schon versucht, da Menschen mit einzubeziehen.“
Liebe in Zeiten des Weltschmerzes
Im Mittelpunkt des neuen Albums „Love Language“ steht ein Thema, das immer aktuell ist: Liebe. „Alle Songs haben irgendwas mit dem Thema Liebe zu tun. Es ist manchmal eine Liebeserklärung, es ist manchmal irgendwie neue Kraft finden nach einer Trennung, es ist irgendwie Liebe mit sich selbst, irgendwie hadern mit sich selbst.“
Besonders in politisch aufgeladenen Zeiten sieht Anja darin auch eine Art Gegenentwurf zum Alltag: „So ein Love-Song bringt einen doch dann immer wieder zu einem Punkt, wo alle relaten und vielleicht kurz auch so ein bisschen abschalten können von diesem ganzen Weltgeschehen und Weltschmerz.“
Power Plush versteht ihre Musik dabei nicht nur als Soundtrack, sondern auch als kleine Zuflucht: „So ein Konzert kann so eine Insel sein, um mal kurz eine Pause zu machen, ein schönes Erlebnis zu haben und danach mit neuer Energie weiterzumachen.“
DIY und Safe Spaces
Im Gespräch wird schnell deutlich: Bei Power Plush geht es nicht nur um Musik, sondern auch um ein Miteinander, das auf Achtsamkeit, gegenseitiger Rücksichtnahme und gemeinsamer Verantwortung basiert. „Wir sind der Meinung, dass sehr viel Kraft auch in dem weichen und sensiblen und lieben Dingen liegt“, sagt Anja.
Diese Haltung prägt nicht nur ihr Miteinander als Band, sondern auch den Umgang mit der eigenen Arbeit. So haben sie den Veröffentlichungstermin ihres Albums bewusst nach hinten verschoben. „Wir machen das in unserem Tempo und wir machen das so, dass es für alle gesund ist und wir Spaß an der Sache haben.“
Was sich nach innen richtet, spiegelt sich auch nach außen – etwa in den Chemnitzer Clubs Atomino, Echo oder Transit, die mit alternativen Konzepten Räume schaffen, in denen sich alle willkommen fühlen dürfen. „Wir versuchen da auch immer einfach sehr offen zu sein für Menschen und vor allem sowas wie Diskriminierung in jeglicher Form einfach gar nicht zuzulassen.“
Chemnitz ist für Power Plush kein Zufall, sondern ein Ort, an dem sie gestalten können, statt nur zu funktionieren. Oder wie Anja es formuliert: „Vielleicht ist das auch gerade ein Bewegpunkt, dann irgendwie auch hier zu bleiben und die Stadt nicht den Leuten zu überlassen, die vielleicht nicht die besten Weltansichten haben.“
Wer das live erleben will: Ihre „Love Language“-Tour führt Power Plush im Herbst durch viele Städte – unter anderem am 4. Oktober nach München.
// Interview: Sarah Grodd //
// Bild: Power Plush //