Live / REIN & RAUS

Konzertbericht: Marteria

Am Ende ging’s dann doch nicht ganz ohne Schischi – Glitzerglitter und Feuer, aber es war ja auch die letzte Show der Tour der eierlegenden Showbizsau aus Rostock, da darf das. Und dass Marteria erst wenige Stunden zuvor die goldene 1Live-Krone des Besten Live Acts 2014 zum 32. Geburtstag geschenkt bekommen hatte, schickte nur voraus, was sich im Laufe zweier verfliegender Stunden locker bestätigte: Der Mann braucht kein Zirkusprogramm, um eine mehr als leidlich gefüllte Arena auf Hochtouren zu bringen, die noch dazu angereichert ist mit Leuten, die eher schon so das ein oder andere Konzert mitgemacht haben und darob für gewöhnlich nicht sofort ausrasten, sobald ein hübsches Gesicht eine Bühne betritt. Dass das bei Marten Laciny nun mal der Fall ist – sei’s drum.

Fußballprofi, Modellprofi und jetzt Rapperprofi, da könnte man ja meinen, dass irgendwas wohl eher auf der Strecke bleibt. Letzteres ist es jedenfalls nicht. Marteria ist Druck, ist Show, ist Spaß, ist überall auf der Bühne, die Haarwurzeln vibrieren im Bass, der Boden bebt von den Tausenden, die springen und tanzen, die „Bengalische Tiger“ mitsprechen und die „Eintagsliebe“, die beinahe-schon-totgehörten „Kids“, die dann doch wieder bestens funktionieren und sich zwei Finger an den Kopf halten und dann alle so „pengpengpengpeng!“ Marteria steht auf der Bühne mit viel Band, die unterfüttert, was er vorgibt, die schlauen Texte und die Musik, die irgendwie immer so tut, als wäre sie viel ruhiger, als sie dann in Wahrheit ist, weil Marteria Bass macht und Tempo und Druck und sagt, dass er ein bisschen traurig ist darüber, dass die Tour jetzt vorbei ist, aber umso glücklicher, dass der letzte Abend bei uns sein darf und „unfassbar unvergesslich“ ist und da bereiten wir ihm freilich einen schönen Abschied und setzen uns alle auf den Boden, wenn’s der Meister wünscht, und wedeln mit den T-Shirts – oder auch nicht, weil man dann ja doch mal nach vorne gucken muss auf die Bühne, wo sich alle den Stoff vom Astralleib gezupft haben.

Wer nicht fehlen darf, nicht fehlen muss ist Marterias grünes Alter Ego, Spaltpersönlichkeit Marsimoto, der einst geschaffen wurde, „damit Deutschland wieder träumen kann“ und der in der zweiten Hälfte von der Leine gelassen wird und mit Maske und gepitchter Stimme das reimende Ruder übernimmt. Von „Sekundenschlaf“ keine Spur, wir sind alle so schön „verstrahlt“ von dieser tiefen Märchenerzählerstimme, der wir egal was glauben, und zuhören würden und wach bleiben, bis die Wolken wieder lila sind. Aber das geht halt dann doch immer nicht so gut, also nur rauf auf den „blauen Planeten“, auf den Marteria alle persönlich mitzunehmen scheint, an den Händen fasst und an Wunder glauben lässt. Und dann wird ticktack ticktack die Zeit knapp. Nimm dir ruhig deine „Auszeit“, Marten. Aber komm dann bitte wieder.

//Text + Bild: Katharina Wasmeier //