Konfetti - Die Kolumne

Filmkritik: Wildes Herz

Seit Beginn unseres Blogs haben wir eigentlich schon die Idee, nicht nur über Musik und Konzerte zu schreiben, sondern auch über Filme und Serien. Immerhin sind einige von uns Serienjunkies am Rande des gesunden Konsums.
Nachdem ich am vergangenen Freitag bei der Kinopremiere von Charly Hübners „Wildes Herz“ war, habe ich beschlossen einfach mal den Anfang zu machen.

Wildes Herz ist eine Dokumentation über Feine Sahne Fischfilet, ihre Musik, ihren Kampf gegen Rechts in Mecklenburg-Vorpommern, aber vor allem über ihren Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow. Charly Hübner fasst 120 Stunden Filmmaterial in einem 90-minütigen Film zusammen, der nicht nur Monchi selbst, sondern auch seine Familie, seine ehemalige Lehrerin und viele andere Menschen, welche ihn sein bisheriges Leben begleitet haben, zu Wort kommen lässt.

Man erfährt viel über seine wilde Kindheit und Jugend, seine Eskapaden als Hansa Rostock Ultra und es wird auch kein Blatt vor den Mund genommen. Der Mensch Jan Gorkow wird nicht als der Messias der linken Bewegung, wie in vielen anderen Medien, dargestellt, sondern als jemand, der seinen Weg geht, der mit seinem Dickkopf auch mal Menschen verletzt, der aber stets zu dem steht was er tut. Monchi selbst zeigt sich durchaus selbstkritisch und der im Interview von seiner Ex-Freundin angesprochene Narzissmus ist deutlich erkennbar, wenn auch in einem durchaus positiven Licht. Was er sich in den Kopf gesetzt hat, das steht an erster Stelle und er ist von seinem Tun zum Zeitpunkt des Tuns absolut überzeugt, besitzt aber auch so viel Selbstreflexion, dass er im Nachhinein sagen kann, dass etwas Kacke war.

Der Film begleitet die Band auf ihren Konzerten und überraschte zumindest mich mit einem Ausschnitt vom Southside-Festival 2014, bei dem mein Kumpel André in der ersten Reihe zu sehen war. Es wird sich aber größtenteils darauf konzentriert, den Kampf der Band gegen Nationalismus, Rechtsradikalismus und Homophobie in den neuen Bundesländern zu zeigen. Eben zu zeigen, dass Mecklenburg-Vorpommern trotz 21% AfD-Wählern noch nicht komplett im Arsch ist.

Im Anschluss an die Premieren-Vorführung im Nürnberger Casablanca-Kino standen Protagonist Monchi und Produzent Lars Jessen dem ausverkauften Saal noch Rede und Antwort und erklärten, dass sie eben auch kein Allheilmittel haben um mehr Menschen gegen rechts auf die Straße zu bekommen, aber weiter dafür kämpfen werden, dass der neue, ins Gewand des Rechtskonservatismus gehüllte, Faschismus keine Chance in Deutschland bekommen wird.

Der Film lässt einige Fragen offen, zum Beispiel werden keinerlei Konsequenzen aus der antifaschistischen Haltung der Band gezeigt. Die Buttersäure-Anschläge auf den Proberaum, oder linke Zentren in Ostdeutschland bleiben unerwähnt, ebenso wie die vielen Drohschreiben. Vielleicht wäre das auch zu viel für 90 Minuten und auch ohne Konsequenzen schafft es der Film den Zuseher in seinen Bann zu ziehen und zum Nachdenken anzuregen. Vielleicht wurden die negativen Seiten des Einsatzes gegen Rechts auch weggelassen, um die Leute nicht davon abzuschrecken ihren Arsch hochzubekommen und endlich gegen den Rechtsruck auf die Straße zu gehen.

Mich hat der Film sehr bewegt und ich kann ihm jeden Fan und vor allem denjenigen, die der Band eher kritisch gegenüber stehen, nur ans Herz legen. Selbst eingefleischte Feine Sahne Fischfilet Fans werden danach einige Songs mit anderen Augen sehen, denn die Hintergründe, welche einem bislang meist verschlossen blieben, werden in dieser sehr gelungenen Dokumentation beleuchtet und in den Vordergrund gestellt.

Die Spielzeiten im Casablanca findet ihr hier.

facebook.com/wildesherzfilm/

/ Titelbild: Facebook /
/ Text & Bild: Simon Strauß /