Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Ich hab doch ’ne Meise

„Du hast eine Meise!“ ist ein zärtliches Kompliment, das mir durchaus hier und da schon gemacht worden ist, vor wenigen Stunden aber unversehens Wirklichkeit wurde. Nämlich tat es, als ich gerade im dreibeinigen herabschauenden Hund angekommen meinen Körper mit sanfter Gewalt in die Position des Kindes wuchten wollte, einen großen Schlag. Nachdem ich mich eingehend auf gebrochene Rippen, herausragende Schienbeinknochen oder gerissene Achillessehnen untersucht hatte, war ich besorgt. Eigentlich hatte ich diese Woche schreiben wollen über meinen sehr naturnahen Haushalt, in dem Spinnen vergnügt von der Zimmerecke baumelnd mit mir gemeinsam abends Tagesschau gucken, aus dem Nichts kommend kleine niedliche Schnecken ihre geruhsamen Pfade über den Küchenboden ziehen, Wespen sich so wohlfühlen, dass sie ihr schönes Nest inmitten meines Wohnzimmers erbauen, auch schon einmal eine Raupe sich am Esstischbein verpuppte, Tauben auf dem Fensterbrett vor meinem Schlafzimmer Unzucht treiben und Fruchtfliegen entspannt auf dem Rand des kleinen, gläsernen Pools sitzen, den ich ihnen in der Küche gebaut habe, und mit den Füßlein fröhlich in der Apfelessig-Spüli-Mischung baumeln, die ich ihnen zur Erfrischung gereiche. So viel Natur inmitten der großen Stadt – ich fühle mich grün, klimaneutral und vom erhabenen Nimbus der Weltrettung umwabert. Und auch, dass mein nagelneues Fahrrad dank der Krähen im Baum vor dem Haus nach der ersten Nacht im Freien statt mattschwarz nurmehr weiß-schwarz-gescheckt ist, habe ich mit nur einem winzigkleinen, nachgerade buddhistischen Wutanfall zur Kenntnis genommen. Ommm, panta rhei, alles fließt … Und dann aber dieser Schlag. In Anbetracht meiner aktuellen Wohnsituation, bei der es gut möglich ist, dass ich morgens unversehens von einem über Nacht gewachsenen Gerüst, vor allem aber vor einem darauf stehenden Handwerker begrüßt werde, habe ich als Auslöser erst einmal das nächstliegende angenommen: Ein Ziegel ist vom Dach gefallen, ein Dämmstoffwürfel, ein Werkzeug oder gleich ein ganzer Handwerker. Ich bin auf alles vorbereitet. Nicht vorbereitet war ich hingegen auf die sanft im Baustellenlärm wehende Daunenfeder, die an der Scheibe der Balkontür klebte, und auf das kleine aufgepuschelte blaue Etwas, das mich im Blumentopf erwartete und aus dösbaddeligen Knopfäuglein ängstlich anblickte. „EIN MEISENBABY!“, rief das innere Kind hocherfreut aus. „Nimm es mit rein und tu es in ein Gurkenglas, dann haben wir endlich ein echtes Haustier!!“ Eine formidable Idee, die ich nach reiflicher Überlegung doch besser verwarf und das Vöglein, das nach einem weiteren Zusammenstoß mit der Fensterscheibe schwer schnaufend im Fliegengitter hing, in eine Schachtel tat – von wo aus es eine Stunde später fidel von dannen sauste. Panta rhei, alles fließt. Like ice in the sunshine.

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: Unsplash //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~