Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Lieschen Müller

Obwohl – nein, WEIL ich kein Einzelkind bin, befinde ich mich in einem steten Zustand drohender potentieller Benachteiligung. Die Anfälle sind gottlob meist von kurzer Dauer. Es gibt aber einen Sachverhalt, der mich Zeit meines Lebens und wachsend tief betrübt: Ich habe keinen superdupercoolen Spitznamen. Einen solchen sucht man sich ja bekanntermaßen nicht aus, sondern er wird einem verliehen, und das ist bei mir nie geschehen. Freilich gibt es die gängige Abkürzung sowie diverse Verhunzungen meines (Nach-)Namens. Das war’s dann aber auch schon. In frühen Kindertagen habe ich versucht, einen der beiden Namen der Protagonistinnen von „Wendy“ als den meinigen durchzusetzen und bin damit, dankedanke, grandios gescheitert, sonst hieße ich jetzt „Bianca“, und als ich meine Fußballerinnenkarriere rein verletzungsbedingt an den Nagel hängen musste, war’s auch mit dem Rufnamen vorbei, den mir der Trainer verliehen hatte.

Geh ich also spitznamenfrei durch die Welt und weine leise vor mich hin. Mutmaßlich aufgrund dieses herben Schicksals habe ich ein großes Faible für Titulierungen jedweder Art und von für Außenstehende völlig undurchsichtigen Grund entwickelt. Aufgefallen ist mir das erst jetzt wieder, als ein Freund eines der anderen Nichteinzelkinder völlig verwirrt dreinschaute und fragte, wieso um Himmels Willen das Kind so hieße, das ergäbe doch gar keinen Sinn und niemand wisse, woher der Name käme. Ich schon, schließlich habe ich vor 25 Jahren diesen Namen als den fürderhin zu rufenden Auserkoren und damit sowohl einen innerfamiliären Meilenstein gesetzt wie auch meine diesbezügliche Karriere begonnen.

Seitdem gibt es in meinem Umfeld beispielsweise Wilmas und Petits, Rehe und Bären, Winzis und Vaddis, was stets für Verwirrung sorgt und mich diebisch freut. Ein Spitzname darf nicht gesucht werden, sondern muss zu einem kommen (von mir, im Zweifel), ganz so, wie ich einen gestandenen Familienvater und Freund und Helfer kenne, der seit jeher von seinem Umfeld „Treppe“ gerufen wird aufgrund einer jugendlichen Vorliebe fürs Einschlafen auf einer solchen. Der unerreichte König dieser Disziplin jedoch ist mein Großvater. Beschenkt mit einem Sack voll Töchtern hat der diese mit Spitznamen dekoriert, bei denen meine Augen jedes Mal aufs Neue feucht werden vor Stolz, Freude, Rührung und Neid, und neulich habe ich den ganzen Nornen-Trupp, von dem jede einzelne mit durchwegs wohlklingend-gängigen Vornamen betauft ist, genötigt, zu sammeln und mir zu erklären. Es gibt hierunter: Hotze, Rosa, Kauz, Molto, Nuschko, Donnerwetterzwiebel oder Xaver, und davon noch viel mehr. Und da kann ich nur meinen Hut ziehen und weiter durchs graue Tal der Spitznamenslosigkeit wandern. Immerhin ist nach mir ein berühmter Skifahrer benannt, das hat ja auch nicht jeder.

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa!“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten ~