Konfetti! Und außerdem … Saustall
Letzte Woche hab ich außerplanmäßig eine Freundin heimgesucht. Nicht so richtig spontan, aber halt auch nicht richtig ausgemacht, sondern so „Du daheim? Dann ich gleich da.“ Das war nötig, denn zuvor hatte ich meinem Wohnwagen einen Kontrollbesuch erstattet, um ihn auf Winterwetterschäden zu inspizieren und dabei entdeckt, dass es sich über den Winter eine Untermieterin bei mir bequem gemacht und mir eine Nachricht aus schwarzen Knödeln und zerfetztem Polsterstoff hinterlassen hatte – Maushalt lässt grüßen. Mein Zorn war groß, sodass ich einen Wald anschreien und hierbei die Freundin um Assistenz bitten wollte. Die sprach: „Klar total gerne, aber bei mir ist üüüü-ber-haupt-nicht aufgeräumt.“ Ein Satz, den man oft hört, noch öfter selber sagt und ihm darob wenig Glauben schenkt. Ich fuhr also hinaus aufs Land, betrat das Eigenheim und war sogleich entzückt, begrüßte mich doch an der Tür nicht nur die Freundin, sondern mit ihr ein veritabler Saustall. „Mei, da schaut’s aber aus“, hab ich klug bemerkt und mir durch Pflanztöpfe und Wäscheberge, Kartonagen und Schuhsammlungen einen Weg zur Küche gebahnt, wo ich vorsichtig und elegant vorbei an Geschirrhaufen und Glastürmen griff – Kitchen Impossible! – und mir ein sauberes Trinkgefäß hervorfischte. „Hab ich doch gesagt!“, rief die Freundin von irgendwoher durch den Saustall, und da hatte ich sie sehr lieb. Denn normal ist das nicht. Normalerweise räumen Menschen blitzartig auf, sobald sich ein Besuch (ich) androht. Selbst in den paar Sekunden, die es dauert, bis die Gästin nach dem Klingeln die Tür geöffnet und die mal mehr, mal wenigeren Meter zur Schwelle überwunden hat, rasen sie auf Feuerkufen durch die Behausung, stopfen Geschirr in die Spüle und Dreckwäsche unters Bett, wedeln im Vorbeirennen mit dem Ärmel den gröbsten Staub vom Mobiliar, brausen mit der linken Hand übers Waschbecken und reißen mit der rechten alle Fenster auf. Betritt der Besuch (ich) dann die Gemächer, empfangen diese ihn picobello und blitzsauber, wohlgestaltet und wohlriechend und in keinster Weise Zeugnis davon ablegend, wie groß das Ausmaß des Chaos‘ noch wenige Minuten zuvor in Wahrheit war. Der Besuch (ich) sagt dann „Ist doch wie immer alles tutti“, und der Mensch murmelt „Ach naja …“ und schließt dabei die Augen nicht wirklich vor Verlegenheit, sondern um nicht dem unterm Bett hervorwinkenden Wäscheberg zurückzuzwinkern. Später geht die Gästin wieder und denkt sich, dass es doch nicht wahr sein kann, dass alle Leute immerzu so blitzsauber wohnen, nur ich selbst hab ständig Saustall, und es überkommt mich eine große Traurigkeit und Trübsal ob der eigenen Lebensunfähigkeit plus Zorn auf den Mitbewohner, der ja mindestens halbschuld ist, vermutlich eher mehr … Die Maus hat das übrigens anders gelöst und von innen den Wohnwagen verriegelt. Jetzt komm ich nicht mehr rein. Auch recht.
// Text: Katharina Wasmeier / Foto: Unsplash //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~