Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Seetag

Ich hatte ja nach Ende der Festivalsaison angekündigt, in ein tiefes Loch der Beschäftigungslosigkeit zu fallen, weil plötzlich soll man nicht mehr einfach mit der Schafsherde in Innenstädten, Fußballstadien und Flussbetten umeinanderlatschen und Musik lieben, sondern sich selbst um eine Freizeitgestaltung kümmern. Kurz hab ich nachdenken müssen und dem Gefühl von augustlicher Bräsigkeit nachspüren, das war irgendwo tief noch drin in mir, und dann ist mir eingefallen dass man ja unbedingt mit dieser Bräsigkeit an Badeseen fahren muss und dort genau eins tun: bräsig sein. Mit Buch und riesigen Paketen mit Reissalat und Schinkensemmeln und Melone und Ballspielen für Bewegung beziehungsweise fürs Gewissen. Und los! Meinem Wunsch, im Morgengrauen schon zu starten wurde allerdings weitestgehend nicht entsprochen, und schon war’s vorbei mit der Bräsigkeit. „DANN LOHNT SICH DAS DOCH ÜBERHAUPT NICHT!!“ hab ich gezürnt und Taschen wieder ausgepackt und Reissalate in den Ausguss und Krawall weil alles kacke und zu kurz und gleich zu Hause bleiben. Es war 12 Uhr, die Reaktionen irritiert: „Es ist fei erst 12 Uhr“, hieß es, „was willst denn du da machen bis zum Abend?“ – „BRÄSIG SEIN!“, hab ich getobt und Tränenrotz verschmiert und dann erzählt: Vom Omageburtstag im August und dass da deswegen das ganze Rudel. Vom Hasenstall und Streicheln und plötzlich Hasenbraten und Böhmische Knödel. Von Pergola und Kamin und grünem Veltliner in Zweiliterflaschen und undichter Korken offenbar wegen zügiger Verdunstung. Vom Weingut im Nachbarland und dass wegen Nachschubbeschaffung die Erwachsenen zum Vorwand Badetage anberaumen. Dass Kinder dann mitten in der Nacht (7 Uhr) aufstehen müssen und ohne Frühstück („Das gibt’s wenn wir da sind.“) unfassbare Strecken (60 Minuten) grenzüberwindend (manchmal mit, manchmal ohne Pass) vorbei an Marktl (Papst), Burghausen (Mauer), Fucking (hihi) reisen an den See. Dass Gäste dort beobachten, wie aus drei Autos 20 Personen, zwei Liegestühle (für Opa und Oma!), 100qm² Decken und Handtücher (für die anderen), Sonnenschirmebadmintonluftmatratzenbälledreiräderkinderwägen UND mehrere Kühlboxen quellen, auf die sich das ganze Rudel sogleich unter größtmöglichem südländischen Gezeter stürzt und völlig ausgehungert das komplette Tagesmahl verschlingt, weswegen später unter der strengen Omaregie ein Teller Pommes für alle reichen muss, weil es gibt ja dann nach Seedurchquerungbadmintonschwimmtrainingsonnenbadentirolernussölweißbieruno erst Veltlinerkisten auf Kinderschöße und dann im unter anderem für seine idyllische Inn-Lage bekannten Braunau Schnitzel und Kaiserschmarrn. Um dann später, viel später in einer Pergola am Lagerfeuer zu sitzen und dem Veltliner beim Verdunsten zuzusehen … „… und das ist meine Lebensschablone für ‚Seetag‘“, hab ich referiert, „Und bräsig muss man doch auch noch sein. Wie soll das gehen in nur zwei Stunden oder drei?“ Sagen wir mal so: Überzeugung kann ich. Schüssi!

 

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~