Konfetti! Und außerdem … So geht Festival
Für alle Menschen, die tatsächlich noch nie auf einem Festival waren, erfolgt hier noch einmal aus gegebenem Anlass ein vorausschauender Rückblick der besucherdurchschnittlichen Geschehnisse auf Basis langjähriger und vielfältiger Erzählungen, um sie entweder darin zu bestätigen, dem Event weiterhin fernzubleiben, oder höchst motiviert noch eilig sich nach Tickets umzutun … Tag 1: Motivation so mittel; tiefsitzende Erinnerung an vorausgegangenes Leid, unvorstellbare Erschöpfungszustände, schlimmen Ekel; in weiser Voraussicht Präparation zur Schadensbegrenzung; Großeinkauf: isotonische Getränke, Obst, Gemüse, Alka Selzer, Desinfektionsspray, Regenschutz, Sonnenschutz, diverses Leichtgepäck; Vorkochen von nahrhaften, vitamin- und mineralstoffhaltigen Speisen zur täglichen Wiederbelebung; Gummistiefel polieren; Kleidung raussuchen, die gleichsam festival-leger doch auch distinguiert wirkt, um sich vom campierenden Pöbel abzuheben; Bargeldabhebung von höchsten 20 Euro tätigen wegen FSK; 16 Uhr: entspannte Busanreise; spontaner Ekel wegen Mitfahrern, die sicher nicht die erste Bierdose schwenken; 16.22: Ankunft; spontaner Neid auf alkoholische Getränke jedweder Art; Aufsuchen des nächstbesten Kiosk in Treffpunktnähe; Treffzeit auf eine Stunde ausweiten wegen Kioskbier lecker und zudem günstig, außerdem sehr viel „Hallo“; 18.07: Einmarsch aufs Gelände in ausgesprochen fröhlichem Zustand; juhu endlich Festival! 20.39: zwei Konzerte verpassen wegen Anstehen am Geldautomaten; egal, alle sind meine Freunde; 22.13: Tanzanstehen am Dixie; welche Konzerte?! 00.27: spontanes Chorsingen im Nachtbus; 01.15: Verzehr des Gesamtlebensmittelvorrats fürs Wochenende. Tag 2: alles sehr schwierig, aber was muss, das muss; Rucksäcke ausräumen oder gleich daheim lassen, kein Mensch braucht Regenschutz oder Desinfektionsmittel, leger schlägt distinguiert, Campingpöbel ist eh viel geiler, wo ist eigentlich die Pippi-Langstrumpf-Perücke vom letzten Fasching, wenn man den Schnaps mit Kaffee mischt geht’s eigentlich; 13.00: sofortige Wiederaufwärmung des Vortagsrauschs; 13.14: Vertiefung desselbigen wegen das hält doch sonst kein Mensch aus; 13.15: Wiederholung des Vorabends, Gepäckerweiterung um aufblasbare Maßkrüge, Sternchensonnenbrillen, Whiskeyturnbeutel, Hennatattoos etc.pp. unbekannten Ursprungs; Sparkonto räumen; Fotosession mit Polizeistaffel wegen gute Laune; Ankunft daheim irgendwann, sofortiger Tiefschlaf auf der Türschwelle. Tag 3, 11.00: Welthass, Selbstekel; 14.30: Welthass, Selbstekel; 17.00: Beginn der Restaurierungsmaßnahmen; Kleidung möglichst distinguiert wegen Abhebung vom Campingpöbel; offensichtlich am Vorabend um 100€ bestohlen worden, alles scheiße; 19.00: Ankunft, Ekel, Widerwillen; 19.07: Longdrink oder heim? Longdrink! 19.15: Londrink! 20.03: blöde Frage! 20.47: Warum zur Hölle bin ich erst so spät gekommen? 22.21: Juhu Riesenrad, Liebestaumel, scheißdrauf, nureinmaljung; 00.40: Cuba-Bestellung beim Busfahrer. Unmut serviert bekommen. Ihn trotzdem lieben …
// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~