Diskotanz
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Umweltbundesamt

Also. Wenn wir dann jetzt bitte alle unsere Blutpflaster wieder aus dem Gesicht gehobelt und die Vampirzähne vom Gebiss gemeißelt haben, die letzten Brösel weißer Farbe auf dem Kopfkissen verteilt und die letzten Reste Gruselschokolade in den Hosentaschen vergessen und darob als braune Gatsche zweifelhaften Ursprungs in der Waschmaschine wiedergefunden, kurzum, wenn wir uns jetzt alle wieder beruhigt sowie ausreichend über die Zeitumstellung gemosert haben, dann können wir uns jetzt doch bitte endlich einmal mit dieser sehr wichtigen Sache beschäftigen, die mir schon seit drei Wochen auf dem Herzen liegt: Winterreifen! Nee Scherz: Heizen natürlich. Hier scheiden sich die Geister, denn während die einen sich ihr eigenes Tropenhaus zu bauen wissen (Merksatz: Innentemperatur = Außentemperatur x gewünschte Temperatur : [Socken – Kurzärmelig] + Fake-Kamin³), trotzen die anderen der Kälte und sich selbst das Letzte ab (Merksatz: Innentemperatur = Außentemperatur + Anzahl der Fleecejacken : [Sparfuchs x Weichei] – Stolz²). Folgerichtig gibt es bei gegenseitigen Hausbesuchen nurmehr zwei Begrüßungsformeln, die das wohlgesonnene „Schön dich zu sehen!“ fortan ersetzen: „Scheiße isses bei dir kalt!“ und „Um Gottes Willen, hast du a Hitz!“ Das führt zu Unsicherheiten, weil kannst du halt nicht lustig ratschen, wenn du grad in deiner Skifahrkombi samt Strickrollkragen und Wollstrumpfhose zu ersticken drohst, derweil die Besuchte sich in Shorts und Trägertop tropisch angemessen räkelt und auf deine schüchterne Nachfrage versichert, „grade erst gelüftet“ zu haben. Auch nicht, wenn jedes Wort von weißem Dampf umwölkt deinen Mund verlässt und du damit beschäftigt bist, heimlich unterm Tisch deine Eisfüße zu massieren und versehentlich hier und da ein Bierfilz zu entzünden, weil der Besuchte heizt halt nicht vor Januar, weil wegen dem Immunsystem. Was willst du also machen? a) Besuche(r) fortan vermeiden, b) den Besuchten mit der Genfer Konvention bedrohen oder c) das Umweltbundesamt zu Rate ziehen, denn das gibt gute Hilfestellung: „Die Raumtemperatur sollte […] nicht mehr als 20°C betragen“, rät es erst beflissen, doch ergänzt dann schelmisch „sofern diese Temperatur als behaglich empfunden wird.“ Mit dieser Regel kann ich mich nicht nur hervorragend arrangieren, sondern adaptiere sie auf weitere Bereiche winterlichen Alltags: Die verzehrte Menge Schokolade sollte maximal 1 Riegel pro Tag betragen, sofern dies als ausreichend empfunden wird. Die wöchentliche Menge Rotwein sollte maximal 0,75 Liter betragen, sofern dies als angemessen empfunden wird. Die tägliche Arbeitszeit sollte acht Stunden betragen, sofern dies als zumutbar empfunden wird. Einwandfrei. Ich denk, das kriegen wir hin.

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~