
Konfetti! Und außerdem … Winterstarre
„Ich möchte kein Eisbär sein, im kalten Polar. Dann müsste ich noch mehr schrei’n: Alles ganz furchtbar!“ Die Frage ist nur: Was bin ich dann? Am ehesten aktuell wohl grad ein wechselwarmes Tier. Vielleicht eine hübsch glänzende Schlange oder eine seidig schillernde Eidechse? So zumindest verhalte ich mich, denn ich bin in eine amtliche Kältestarre verfallen, die es mir unmöglich macht, mich draußen zu bewegen. Gerate ich in Kontakt mit der ach so guten „frischen Luft“, erstarre ich sofort zu Stein und finde aus diesem Zustand nur unter Zuhilfenahme zahlreicher Tricks wieder heraus. Diese Tricks reichen von anfängermäßigen wie heißer Tee und Wärmflasche über fortgeschrittene Hilfen wie Merino-Unterwäsche und Teddy-Fleece auch zu Hause bis zu echten Profi-Moves wie einer Heizdecke und so einem beheizbaren Fußding, das man sich unter den Schreibtisch stellt und dann schwitzend darin verheddert. Meine größte Angst ist das Lüften, denn damit holt man sich den ärgsten Feind gewissermaßen freiwillig in die Bude, die mit Müh und Not auf 20 Grad aufgeheizt ist und den restlichen Tag benötigt, diese Temperatur wieder ansatzweise herzustellen. Menschen, die sorglos bei mir klingeln, durchfährt ein großer Schreck, wenn die Tür sich öffnet, steht ihnen doch dann ein hoch aufgetürmter Sesamstraßen-Samson gegenüber, mit dicken Puschen und Ohrenkrempenmütze, aus der eine rottropfende Nase schüchtern hervorlinst. Im Gegensatz zu Eidechsen und Schlangen muss ich zu meinem größten Jammern ab und an dann doch das schützende Nest verlassen, um irgendwas zu besorgen oder zu erledigen. Hierbei ähnele ich den Amphibien dann wieder frappierend, schließlich kann ich mich nur in hölzerner Zeitlupe bewegen, mehr lässt die siebte Zwiebelschicht einfach nicht zu. Wenn mir etwas zu Boden fällt, so muss es leider dort verbleiben: Habt ihr schonmal versucht, euch mit einem knöchellangen, bis zum Bersten gespannten Daunenmantel zu bücken? Eben. Bin ich dann mal draußen, so sehe ich dort Verwunderliches, ja Erstaunliches gar. Menschlein in dünnen Mäntelchen und kurzen Jäckchen, ein Ausschnitt bis zum Bauchnabel, die Knöchel leuchten in der 15-Uhr-Dämmerung – und ich versteh die Welt nicht mehr. Ist es das Alter, das mich zur Frostbeule werden lässt, oder frieren Menschen einfach nicht gleich, und liegt das dann am Alter oder hab ich einfach schon zu oft die Apotheken-Umschau gelesen? Ach, am liebsten wäre ich zwar kein Eisbär, wohl aber ein Braunbär, Murmeltier oder Zwiesel. Ich läge zufrieden schlummernd in meinem Bau, während ich von meiner im Sommer angereicherten Nährschicht zehrte statt Tag für Tag auf die Jagd gehen zu müssen, wäre umgeben von wärmendem Laub und Fell und krabbelte erste wieder ins Tageslicht, wenn dieses diese Bezeichnung auch verdient.
// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~