Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Zuckerwattenzugedeckt

Immer morgens unter der Dusche, da reg ich mich ganz furchtbar auf. Frei von allen erlernten emotionalen Kontrollmechanismen kann das postinsomnische Gehirn seinen Wütereien freien Lauf lassen, wie das Rumpelstilzchen springt es unter der Schädeldecke umeinander und erbost sich, dass es eine große Freude ist. Weil denk ich mir dann immer: Mensch, das schreibst jetzt dann einmal ins nächste Sofa hinein, das ist schon gut und muss unbedingt gesagt werden. Dann aber kommt die Ratio angerannt, und die hat eine Decke aus rosa Zuckerwatte, Sternschnuppen, Honigmilch und Feenstaub dabei, in die hüllt sie das Gehirn hinein und schwups ist aller Grant vergessen. Und damit auch die Sofaidee. In der Folge lächle ich mich grenzdebil durch die Gegend, bin freundlichst zu allen Arschlöchern, fange Übellaunen auf und forme daraus Blumenkugeln und werf die dann zurück und solche Sachen – was natürlich pure Absicht war von der Ratio, weil sie genau weiß, dass ich ansonsten sonst was anrichten würde. „So viel gute Laune wie du“, hat letzthin erst eins gesagt, „immer hast, das muss man ja überhaupt erstmal schaffen, das kriegt ja kaum einer hin.“ Hab ich mein schönstes Dalailamagesicht aufgesetzt. „Das“, hab ich beschieden, „dient lediglich dem Überspielen meines tief sitzenden Menschenekels.“ Weil ich ja ansonsten sonst was anrichten würde. Dieser lobotomöse Zustand … ja , ihr wieder! Früher so bei Gaga-Menschen: Schädel anbohren, ein Stück Hirn herauskratzen, Schädel wieder zu, Gaga-Mensch immer noch gaga, aber ruhig. Oder tot. Wird heut vergleichsweise selten eingesetzt. Jedoch finden sich Beweise für die heimliche Fortführung der Praxis immer wieder im Alltag. Beispielsweise im Straßenverkehr. Hier hinein begebe ich mich, wann immer mir meine Watteseifenkugelblase ein bisschen lästig wird. „Sollte ich jemals Amok laufen“, sagt ein Mensch vom Gemüt eines Kuschelteddys regelmäßig, „dann wird’s beim Autofahren sein.“ – „Aber warum denn?“ press ich aus einem zahnigen Grienen hervor. „Das Auto fahren bringt doch immer nur das Beste im Menschen hervor. Quasi Charakterverstärkung.“ Und quasi Trainingslager. Weil die Ratio dann auf meiner Schulter sitzt und wispert: „Wenn du bei jedem Rindvieh in einem Auto aussteigst, hingehst und ihm freundlich die Verkehrsregeln im Allgemeinen und die Grundsätze gesellschaftlichen Zusammenlebens im Speziellen erläuterst, kommst du aus dem Erklären nicht mehr raus, dafür aber über kurz oder lang ins Kittchen, und das wollen wir doch nicht.“ Nein, wollen wir nicht, sag ich dann artig und lächle eben weiter. Und weiter. Und w…

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~