Konzertbericht: Hubert von Goisern
Menschen, die Hubert von Goisern immer noch ernsthaft lediglich mit „Volksmusik“ verbinden und darob gelangweilt abwinken, ist eh nicht mehr zu helfen. Diejenigen, die akkurat aufgrund dieser Assoziation am vergangenen Donnerstag den steinigen Weg in die Fürther Stadthalle auf sich genommen habe, in Dirndl und Lederhose als Hommage an ihren Bierzelt-Helden, dürften mittlerweile klüger sein. Die vielen anderen hatten vermutlich genau das bekommen, was sie sich erhofft hatten: ein weltmusikalisches Überraschungsei, bei dem man nie so recht weiß, was diesmal wieder drinsteckt. Aber sich drauf verlassen kann, dass es gut wird.
Hubert von Goisern ist ein Musiker von Format. Brücken will er bauen, reist durch Länder und Welten, gern mal zu Schiff auf der Donau, um überall dort, wo er ankert oder campiert, zu lernen, zu spielen, zu schauen, was so passieren kann. Dabei heraus kommen seit weit über 20 Jahren die wunderbarsten Kompositionen. Ob Samba oder Funk, Polka oder Rock – was bleibt, sind mindestens eine Zieharmonika und der Jodler. Und das, nun ja, Stigma „Hiatamadl“, das in den Köpfen derer sitzt, die sich nicht näher mit von Goiserns Musik befassen mögen. Weil aber unlängst einer wundersamen Fügung zu verdanken war, dass das wie die meisten von Goiserns Stücken mit stark sozialkritischem Text versehene „Brenna tuats guat“ zum biertischtanztauglichen Gassenschlager geriet, kommt der Mensch in die Fürther Stadthalle und freut sich auf hollaradidudeldö. Da hat er sich insofern geschnitten, als von Goisern und Band zuletzt im Wilden Westen unterwegs waren und alles, was sich da so an musikalischem Kulturgut findet, im Wandersackerl mit ins Steirische gebracht haben – inklusive Steve Fishell, der mit dem Pedal Steel die Band begleitet. Ein bisschen Ska, ein bisschen Reggae, und vor allem Country und Blues findet sich da, Louisiana, New Orleans, Tennessee, da kann so ein aufgeregt geplustertes Dirndl schonmal schnell in sich zusammenfallen und verwirrt dreinschauen. Zugutehalten muss man aber, dass von Goisern „ausschließlich neue Lieder vom neuen Album spielt, das ja noch gar nicht veröffentlicht ist“. Und das mit Fleiß: „Weil jetzt kann keiner von euch mitsingen, und das ist manchmal ganz gut so“, steiert der 64-Jährige vergnügt ins Mikro wie er nicht minder vergnügte Schwänke aus seinem Globetrotterleben verzählt. Es ist grad‘ die Mischung aus Akkordeon und Blues-Beat, das Hackbrett im Country-Step, die so Spaß macht, und dann verirrt sich im Themenabend „USA“ die „Amazing Grace“ ins Repertoire, woraufhin der Gast erleichtert mitsingt. Endlich kennt er was. Und weil Spannung (und womöglich Leidensdruck) bei vielen gar so groß zu sein scheinen, entlädt sich die in fulminanter Klatschekstase, als nach traditionellem Landler und ein paar sanfteren Tönen der große Kärwa-Hit endlich da ist. Vor Erschöpfung und Dankbarkeit verzeiht der Mensch dann auch die an- und abschließenden, wunderbaren Darbietungen alter Stücke, die melancholischen Klänge und traurigen Zeilen und das Alphorn, dieses großartige Instrument, das so wandelbar ist zwischen filigran und dröhnend. „Heast as nit, wia die Zeit vergeht“? Nein, über zwei Stunden nicht. Gar nicht.
// Text + Bild: Katharina Wasmeier //