Konfetti - Die Kolumne

Zwei Esel und eine Gitarre

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen“, wusste schon Ende des 18. Jahrhunderts Matthias Claudius. Wenn jetzt aber ein Komiker und Liedermacher eine Reise tut, da kann man sich schon ausrechnen, dass der erst recht was zu verzählen haben wird. Und wenn dann noch ein Esel mit im Spiel ist, stehen die Chancen gut, dass es wild wird. Was es auch wurde: El Mago Masin, stadt- und landbekannter Spaßvogel mit prominenter Frisur, ist zurück von seiner „Esel-Tour durch die Steiermark“. Die er, so könnte man fast meinen, zu seiner eigenen Überraschung unbeschadet überstanden hat.

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Zehn Tage, 1600 Höhenmeter, 22 Kilometer Luftlinie, ein Mann und eine Eselin. Da stellt man doch direkt mal die kluge Fragenach dem Warum. „Weil ich das noch nie gemacht habe“, lautet die einleuchtende Antwort. Hat er also davon gehört, dass es sowas gibt. Bergwandern mit Esel. In Gruppen, eigentlich, erfährt der 35-Jährige, wegen gefährlich, und mindestens zu zweit, wegen der Kuhherden, die man da so kreuzen kann in dieser Steiermark. „Da war für mich klar: Schon allein deswegen mach ich das alleine.“ Und weil er das interessant findet, mit dem Tier zehn Tage klarkommen zu müssen. „Dass man da so viel wandern muss, ist mir irgendwie erst danach aufgefallen“, spricht der Geläuterte.

5Esel: cool, wandern: ach so. Deswegen zieht er los, im Gepäck „meine neuen Joggingschuhe und Flipflops als Ersatz“, da hätte dann der ein oder andere Bergmensch schon mal die Hände überm Kopf zusammengeschlagen. Über sieben Hütten sollst du gehen, fünf sind’s dann geworden. Der Start: denkbar schlecht: Falscher Zug, falscher Hof, vom Abholer vergessen, und dann muss man diesen Esel erst mal kennenlernen. „Der erste war sozusagen ein Testtag“, erzählt Wolfgang Masin. Schikanen gab’s da, schmale Brücken, bloß nie, niemals einen Forstweg betreten wird ihm eingebläut, und „wenn du heut Abend gesund zurückkommst, darfst du los“. Kam er. Durfte er. „Das Ding ist, dass man mit dem Esel erst mal ein gemeinsames Tempo finden muss“, sagt der Interims-Sherpa. „Ich muss aber sagen, es handelt sich hierbei eher um das Tempo des Esels.“

Der heißt Florentina und will vor allem: essen. El Mago Masin auch, deswegen ist gut, wenn man so eine Hütte irgendwann mal erreicht. Klappt meistens akkurat, gelaufen wird nach Karte und Kompass, entschieden von Tag zu Moment. Auf der Sängersschulter ruht die Gitarre, auf der des Esels 20 Kilo Gepäck, „davon ein großer Teil Eselspflegezubehör“. Striegeln, Hufesäubern, mobiler Weidezaun. Masin erzählt von netten Begegnungen, interessanten Lebensläufen, von weiten Wegen und meditativen Zuständen. Den erreicht er vor allem, als er sich heillos im, o nein!, Wald verläuft. Ein Gewitter droht, hinter der nächsten Kurve kommt die nächste Kurve, nach sieben Stunden Laufen plötzlich ein Schild, das den Weg zu derjenigen Hütte zeigt, von der er zuvor gestartet war. „Ich bin wohl im Kreis gelaufen – was aber ganz gut war, weil ich hatte in der Hütte meine Zahnbürste vergessen.“

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#Die Spiegelreflex, eins der vielen technische Geräte, mit denen der Nürnberger am Ende 140 Gigabyte Bild-, Ton und Videomaterial generiert haben wird, kommt aber genauso unversehens zurück, wie ihm ein Praktikum als Hüttenwirt zuteil wird. Der echte muss nämlich hinab ins Dorf, „du machst das schon“, sagt er zum inkognito reisenden Preisträger, und der machte und versorgte Gäste und bespaßte sie wie ungefähr überall die Leute mit der Gitarre. „ich habe viel musiziert, teils mit anderen Gästen, und oft habe ich zum Dank Kost und Logis erhalten“, erzählt er, und dass das Highlight die Geburt eines Kälbchens war. Warm und herzlich sei er überall aufgenommen worden, „die Erdverbundenheit auf den Hütten hat mich beeindruckt, da geht’s darum Brotzeit zu machen und das Vieh zu versorgen“, und da darf er auch mal ran.

Herde von Alm A nach Alm B treiben, 200 Kühe im Schweinsgalopp, „da wird’s dir schon anders.“ Das Grenzgebiet zwischen Österreich und Slowenien auf etwas andere Art kennenzulernen versprach der Anbieter. El Mago Masin lernte, auch viel über sich, beim ganzen Bergauf und –ab, und „wenn der Esel sich hingelegt hat, hab ich mich halt auch hingelegt“. Florentina, erzählt er später seiner Frau, sei etwas langsam und etwas abwesend gewesen. „Dann wart ihr doch ein gutes Team“, sagt sie. Der Anarchokomiker und Kleinkunstpreisträger, der derzeit mit seinem aktuellen Programm „Rolle rückwärts“ landesweit die Lachmuskeln ausreizt, macht Fotos und Selfies, diktiergerätet Liedideen, komponiert neue Melodien, kommentiert Videos und unkt, „das Auswerten des Materials dürfte jetzt so circa drei Jahre in Anspruch nehmen.“

Weil da freilich was getan werden muss, den Esel, den muss man doch verarbeiten. In ein Buch. Mindestens. Oder in ein neues Programm. Oder beides, am besten. Kaum wieder im Lande, kündet er mit ernster Miene auf Facebook von einer Ochsentour durch Mecklenburg-Vorpommern. Ob das so stattfindet, darüber wird verschmitzt geschwiegen. Jetzt kommt ja erstmal das Bardentreffen. Und das Weinturm-Open-Air. Und dann das Engagement auf der Aida. Auf der El Mago Masin vielleicht Zeit findet, die Geschichte von Florentina, der verfressenen Eselsdame, und der Steiermark in Form zu bringen. Hoffentlich.