Konfetti - Die Kolumne

Brozzijazz

„Jazz“, denken junge Menschen, „puah, da sitzt man in einem ollen Keller mit einem Glas Rotwein und lauter alten Intellektuellen, und dann spielt vorne so Musik, die doch echt kein Mensch versteht, wenn er das nicht studiert hat.“ Deswegen gehen sie da nicht so gern hin, die jungen Menschen.

Zumindest ist es das, was Volker Heuken und Jan F. Brill so mitbekommen. Die sind selber Jazz-Musiker. Und ziemlich jung. Und wollen: ihre Passion rausrücken aus diesem falschen Licht und hinein in ein neues, junges, sexy Schönkonzept. Das trägt den Namen „Brozzi Jazz“ und spielt (sich ab) seit April dieses Jahres im gleichnamigen Brozzi in der Hochstraße. „Wir wollen eine monatlich stattfindende Jazzreihe etablieren, die auf junges Publikum zielt“, sagt Jan F. Brill. Der ist 23 Jahre alt, studierter Jazz-Schlagzeuger und hat nach seiner Rückkehr aus der Studienstadt Köln festgestellt, „dass es hier schon entsprechende Veranstaltungen gibt, aber die keine ‚normalen‘ Leute erreichen, sondern nur solche, die sich eh mit dieser Musik befassen oder gleich selber machen.“

Gemeinsam mit Kompagnon Volker Heuken, 25 und Jazz-Vibraphon-Student in Nürnberg, wurde also beschlossen, „coole Musik in einer coolen Kneipe zu machen.“ Das fand er gut, der Marian Gosoge, unter anderem Mitveranstalter der Umsonst-und-draußen-Brückenfestivals, und schlug das Brozzi vor. „Das“, sagen Jan F. Biller und Volker Heuken, „hebt sich ja allein schon durch die schöne Atmosphäre des Raumes ab“, dessen Bühne für die Konzertierei als Wohnzimmer lampiert und beteppicht wird. Jeden zweiten Donnerstag im Monat, Eintritt frei, Spenden gern gesehen, und das, obwohl hier „keine Amateure, sondern Berufsmusiker aus Nürnberg uns außerhalb auftreten.“ Rund zwei Stunden sind jeweils angesetzt, dem Genre keine Grenzen gesetzt, weil, was ist das eigentlich, dieses Genre? „Das wichtigste am Jazz ist der Live-Charakter“, sagen die Initiatoren. „Jazz ist keine Schublade, sondern eine Art, Musik zu fühlen.“

Je nachdem, unter welchem individuellen Einfluss der jeweilige Musiker stehe, würde spontan kombiniert, improvisiert, kommuniziert untereinander. Das könne dann schon mal hiphoppig werden oder poppig. Nix Freejazz, nix epische Soli, nix das, womit man Jazz in der Schule gelernt hat, „das ist doch viel zu krass“ und erzeuge bei jungen Menschen lediglich ein Gefühl von „kompliziert, schräg, check ich nicht.“ Die Wertschätzung, sagen Jan F. Brill und Volker Heuken, sei sehr wohl da unter jungen Menschen, allein sie hören es nicht, trauen sich nicht, „verbinden das immer mit Intellektualität“. Dabei zeige die Erfahrung: „Wenn wir irgendwo spielen und unsere Freunde vorbeikommen um uns einen Gefallen zu tun, dann bleiben die letztlich immer da, weil ihnen das, was wir machen, echt gut taugt.“ Das Ziel von „Brozzi Jazz“ lautet also: Leute anziehen, die keine gefallentuenden Freunde sind, Leute anderer Hochschulen erreichen, aufmerksam machen, Bock drauf machen.

Auf das, was die beiden jungen Musiker „Modern Jazz nennen würden, wenn wir’s betiteln müssten.“ Ähnlicher Generation sind übrigens diejenigen, die sich einladen zu sich, 20 bis 30 Jahre im Schnitt, und von wegen Amateure und so: Im November, da ist zwar noch ein bisschen hin, aber das kann man ja nicht früh genug sagen, da kommen welche, die haben mit Amateur so viel zu tun wie Jazz mit Helene Fischer: Die Formation „Double Trouble“, angeführt vom vielgelobten Bandleader Peter Ehwald. Zu denen gehört ein Jonas Burgwinkel, seines Zeichens Preisträger des Jazz-Echos 2012. Kann man schon mal machen, dieses Brozzi Jazz. Sollte man.




// Text: Katharina Wasmeier / Bild: PR //