
Zwischen Safe Space und Bühne: Die Arschlöcherinnen im Interview
Fatherfucking Hip Hop mit fetten, selbst produzierten Beats – das feministische Duo Die Arschlöcherinnen macht nicht nur Musik, sondern auch klare Ansagen. Im Interview sprechen Annika und Sabrina über ihren Safe Space, den Alltag als FLINTA*-Band und warum es höchste Zeit ist, patriarchale Strukturen in der Musikbranche aufzubrechen. Außerdem steht das nächste Konzert bereits fest: Am 8. März spielen sie zusammen mit ZBNCRW im Kulturbahnhof Hersbruck.
Wir haben euch gefragt, an welchem Ort ihr euch für das Interview am wohlsten fühlen würdet – und ihr habt gesagt: ‚Bei uns zu Hause.‘ Warum?
Sabrina: Wir sind gerade erst zusammengezogen und können hier richtig entspannen – nach Konzerten, Interviews oder stressigen Tagen.
Annika: Genau, das ist unser Safe Space. Wir sind so viel unterwegs und mit anderen Menschen zusammen, dass es guttut, einen Rückzugsort zu haben, an dem wir Energie auftanken können.
Wie fühlt es sich für euch an, von hier – eurem entspannten Rückzugsort – in den Konzertmodus zu wechseln?
Annika: Unser Tag ist meistens vollgepackt – mit Interviews, Proben, Fotoshootings. Es ist nie nur das Konzert. Aber wir finden dann unseren Rhythmus: Sachen packen, fertig machen, Soundcheck, Essen, und dann auf die Bühne!
Sabrina: Klar, es kann stressig sein. Wir hatten auch schon Situationen, in denen fast kein Soundcheck möglich war. Aber wir bleiben trotzdem ruhig – das macht auch unsere Freundschaft aus. Egal, wie stressig es wird, niemand flippt aus oder lässt schlechte Laune an den anderen aus.
Wie sehr ist euer Wohnzimmer hier die kreative Schaltzentrale der Arschlöcherinnen?
Sabrina: Unsere Ideen entstehen in unseren Köpfen – und in der Gesellschaft, die uns ständig Stoff liefert. Aber ja, wir haben hier ein kleines Studio aufgebaut. Unser nächster kreativer Spot.
Ihr seid auf Social Media sehr politisch aktiv. Seht ihr euch selbst als Aktivistinnen?
Sabrina: Mein Aktivismus hat sich mit der Band verändert. Früher war ich in Organisationen aktiv, jetzt ist unsere Musik unser Sprachrohr. Die Musikszene hat politische Inhalte oft nicht ernst genommen – also haben wir unseren eigenen Raum dafür geschaffen.
Annika: Wir spielen so oft es geht auch auf vielen Demos neben unseren Konzerten. Die Konzerte sind teilweise leider auch nicht so gut bezahlt. Daher versuchen wir irgendwie eine Balance zwischen beidem zu finden.
In Zeiten, in denen gesellschaftliche Spaltung und harte Kontraste oft im Mittelpunkt stehen, ist eine gewisse Soft Power umso wichtiger. Was bedeutet für euch in diesem Zusammenhang Soft Power?
Sabrina: Unsere Soft Power ist, Menschen zusammenzubringen. Unser Publikum ist extrem gemischt – von Kindern bis Rentner*innen. Und wir schaffen es, alle mitzunehmen und ins Gespräch zu bringen.
Annika: ‚Soft‘ bedeutet für mich auch Leichtigkeit. Es fällt uns leicht, eine inklusive Atmosphäre zu schaffen. Und wir denken bei allem, was wir tun, an alle mit.
Ihr seid auch Sprachrohr für FLINTA*-Personen. Wie ist die feministische Musikszene in Nürnberg aufgestellt?
Sabrina: In der Kulturszene werden wir gut gehört. Aber es gibt auch Bereiche, in denen es anders aussieht – zum Beispiel in der Jazz-Szene, die ich verlassen habe, weil ich es nicht mehr gepackt habe.
Annika: Wir bewegen uns in einer Bubble, in der viel für feministische Sichtbarkeit getan wird – zum Beispiel durch das Flinternetzwerk von PopRotWeiss oder NürnbergSounds. Aber in der großen Festivallandschaft gibt es noch viel Nachholbedarf.
Sabrina: Es ist keine Ausrede mehr zu sagen, ‚Es gibt nicht genug FLINTA*-Acts.‘ Man kann einfach auf Instagram nach 365 Fe*male MCs suchen – da gibt es genug großartige Acts.
Annika: Ein großes Defizit sehen wir bei Tontechnik. Wir hatten fast immer nur männliche Techniker und oft schlechte Erfahrungen. Dabei gibt es Kollektive wie die SoundSystersNbg, die FLINTA*-Tontechnikerinnen vernetzen.
Bisher habt ihr einzelne Songs veröffentlicht. Kommt bald eine EP oder ein Album?
Annika: Es stehen noch zwei Songs aus, die wir letztes Jahr schon gespielt haben. Die werden mit den anderen zu einer EP zusammengefasst. Aber wir schreiben natürlich auch neue Songs!
Sabrina: Das Musikbusiness ist kompliziert. Wir mussten uns alles selbst beibringen – von Verträgen bis hin zu Streaming-Plattformen. Es gibt keine Anleitung für ‚How to be a Künstlerin in Germany‘. Vielleicht sollten wir die mal schreiben.
Wer Die Arschlöcherinnen live erleben will, hat am 8. März im Kulturbahnhof Hersbruck die Gelegenheit dazu. Zusammen mit der ZBNCREW bringen sie ihre Mischung aus politischen Ansagen, fetten Beats und feministischer Power auf die Bühne.
Foto: ©Ivana Marija Hope