Schreibschwein © David Häuser
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Weihnachtsstochastik

Es gab da mal diese Sache in Mathe. Also zu der Zeit, als Mathe nicht mehr Mathe hieß, sondern irgendwie Algebra und noch sowas, Geometrie oder so. Es ging darin sehr viel um Wahrscheinlichkeiten, mit Senf gefüllte Krapfen und irgendjemanden namens Bernoulli oder so. Irgendetwas sehr lästiges jedenfalls, das mir später im Gruselfach Statistik wiederbegegnet ist und auch da nicht sonderlich eingeleuchtet hat. Hier wie dort gab es etwas, das nannte der Lehrkörper Kombinatorik, und ich glaube, damit konnte man ausrechnen, wie viele Menschen ein Los kaufen müssen, um eine Million zu gewinnen. Naja, wahrscheinlich war’s anders, aber ihr wisst schon, was ich meine. In ähnlicher Form ist mir dieser theoretische Kladderadatsch nochmal später in Linguistik begegnet, nur wesentlich einfacher für mich als Dyskalkulatorin, wurde doch hier mit Buchstaben und Wörtern kombiniert und nicht mit dummen Zahlen. Wie dem auch sei: Ich wünschte, ich hätte das alles ein bisschen besser verstanden oder zumindest in den Stunden besser aufgepasst anstatt Comics Lewis Carrolls Jabberwocky als Comic auszuarbeiten. Denn stünde ich jetzt nicht wieder wie der Ochs vorm Berg bzw. wie der Wichtel vor der Weihnachtsplanung. Denn just am gestrigen Tage wurde die alljährliche Angstfrage gestellt: „Wie machen wir’s denn dieses Jahr mit Weihnachten?“ Plötzlich herrschte Stille im Raum, betreten wurde nicht nur geschwiegen, sondern eilig ein Fingernagel kontrolliert und hier und dort ein Stäubchen weggefegt. Tja, wie machen wir’s denn bloß? Früher war das einfach: Am 24.12. wallfahrteten die Hl. Drei Könige (aka meine Geschwister und ich) zum Elternhaus, um dort ein bis drei Tage zu verbleiben und hinterher als prallgefüllte Stopfmägen wieder nach Hause zu rollen. Jedes Jahr dasselbe Schema, keine Diskussionen, kein Chaos, dafür Zuverlässigkeit und wohlige Ordnung. Ein Umstand, nach dem man sich doch grade herzlich sehnt. Nur leider wird das nichts, sondern jedes Jahr schlimmer. Patchworkgroßfamilie macht’s möglich, denn die Verzweigungen und erwünschten (und nicht zu vergessen: unerwünschten!) Menschenkombinationen werden immer zahlreicher. Vatermutterkind? Pfeifendeckel! Es wird sich geschieden und neu verpartnert, Kinder werden erwachsen und ihr eigenes Familienzentrum. Opas versterben unerlaubt, Papas werden einsam und Omas immobil, und am Ende steht man da und muss siebzehn unterschiedliche und teils fremde Parteien irgendwie so unter einen Nikolaushut basteln, dass sich die einstige Kernfamilie wenigstens für ein paar Stunden sehen und singen kann. Es kann sich nur um Stunden handeln, bis mich ein Weihnachtsexcel erreicht oder ein Weihnachtsdoodle. Zum Glück bin ich so pflegeleicht: Ich folge einfach dem Ruf der Speisen. Wer diese zubereitet und gereicht – mir doch egal. Als praller Stopfmagen lieg ich dann auf irgendjemandes Canapé und überleg nochmal, wie dieses Fach gleich wieder hieß. Vielleicht war’s doch Stochastik?

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: David Häuser //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~