Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Akalkulie

In Deutschland gab es 2011 laut einer Studie 7,5 Millionen funktionale Analphabeten. Also Menschen, die, arg kurz gesagt, nicht so lesen und schreiben können, wie sie es hierzulande sollten. Wollte ich wissen, wie viel Prozent das sind. Weil wegen Hochrechnens auf Nürnberg. Hab ich gemacht 80:7,5 und kam auf ein stolzes, doch einleuchtendes Ergebnis von circa 11%. Irgendwas in mir drin erhob zwar Einwand ob des Rechenwegs, doch was kümmerte es mich, in mir drin erhebt ja gern mal irgendwas einen Einwand. Wurde dann korrigiert und auf den rech(t)en Weg gebracht. Am Ergebnis ändert sich zwar nicht viel, wohl aber an der Kollateralerkenntnis: Dyskalkulatoren, also Rechenschwache, werden viel zu wenig beachtet!

Dass diese Anklage einen nicht ganz uneigennützigen Hintersinn hat, könnte sich dem aufmerksamen Leser bereits weiter oben erschlossen haben. Weil: Ich kann’s einfach nicht. So sehr nicht, dass einzelne Personen gerne liebevoll von „Akalkulie“ (i.S.v. „völliges Unvermögen“) sprechen. Das ist natürlich völlig übertrieben. Ich finde nur, dass Zahlen – oder wie ich neuerdings weiß: Ziffern – ausgesprochen unsympathische Teile sind. Und je größer und vielschichtiger sie werden, desto weniger mag ich sie. Die Zahlen, also nicht die Ziffern, weil … Ach, lasst mich doch in Ruh! Jedenfalls war das schon immer so. Ich erinnere mich mit einer Träne der Rührung, wie einst ein gewisser Erziehungsgenötigter Stunden, Wochen und Jahre damit verbracht hat, mir die Grundzüge der Mathematik einzutrichtern. Je abstrakter, desto schlimmer, und das mit dem Bruchrechnen hab ich erst ansatzweise begriffen, als dazu übergegangen wurde, hübsche Gemälde von Torten anzufertigen.

Das hat der Erziehungsgenötigte bis heute beibehalten: Versucht er mir einen simplen mathematischen Sachverhalt (2m² Schreibtisch von 18m² Zimmer sind …?) darzulegen, tut er das erst verbal, um dann nach einem kurzen Blick in mein Mondkalbgesicht wortlos zu Stift und Zettel zu greifen. Gilt es im Freundeskreis eine Abrechnung zu machen, bin ich im „du hast da so viel und ich so viel und sie so viel deswegen musst du ihr so viel und ich dir so viel“ völlig aufgeschmissen und gezwungen, darauf zu vertrauen, von den Liebsten nicht über den Tisch gezogen zu werden – was ihnen wirklich ein leichtes wäre. Je mehr ZifferzahlenlasstmichdochinRuhe in einem Satz vorkommen, desto schneller schaltet mein Gehirn ins Standby und erst wieder ein, wenn das Verhältnis „Buchstaben-Ziffern“ sich zugunsten erstgenannter gewandelt hat. Jetzt könnte man meinen, ich sei ein Crack in puncto „Textaufgaben“, doch das ist 1. weit gefehlt und wird 2. dereinst erläutert, wenn’s hier mal um Betriebsanleitungen und Formulare jedweder Art geht. Mein privater Abakus hat mir übrigens verraten, so rein theorechnerisch wären das für Nürnberg rund 46500 funktionale Analphabeten. Hoffentlich hat der sich da verrechnet …

/ Text: Katharina Wasmeier. Bild: Hannah Rabenstein /

~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa!“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten ~