Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Apricot Desire

Was haben weiße Wäsche und ein rotes T-Shirt gemeinsam? Richtig: nichts, und man ist tunlichst darin beraten, dass das auch so bleibt. Bis vor kurzem hätte ich die gleiche Antwort auch auf die Frage „Was haben du und die Farbe Rot gemeinsam?“ gegeben, aber weil Zeiten und Wunder geschehen oder auch irgendein magischer Prozess, den Frauen meiner Sorte zwangsweise durchlaufen und an dessen Ende sie knallfarbene Gewänder, teure Bequemschuhe, flippige Kurzhaarfrisuren und ausgefallenen Signalschmuck tragen, hat sich hier in jüngster Vergangenheit eine Änderung vollzogen. „Es muss mal bisschen Farbe an dich“ hatte ja vergangenen Herbst die Freundin schon gemaßregelt, und der Satz pingpongte im leeren Raum zwischen meinen Ohren hin und her und schwoll bei jedem Aufprall weiter an, bis ich es nicht mehr aushielt und ins Schminkegeschäft lief, wo ich mir unter wie sich dann herausstellte schmeichelhafter Innenbeleuchtung rote Farbe für die Lippen als winziges Zugeständnis zur derzeit favorisierten Natürlichkeit erstand. „Mit dem sauteuren Lippenstift seh ich aus als hätt ich vorhin ordentlich Bolognese gefressen und danach den Waschlappen vergessen“ schrieb ich der Freundin und brauchte ein bisschen, um mich mit dem neuen Jokermund im Spiegel anzufreunden. Rot ist halt auch nicht gleich Rot. „Watermelon Dream“ steht auf dem einen, „Apricot Desire“ auf dem anderen Farbstift, und weil ich selbst eher in Kategorien wie hell-, dunkel- und vielleicht noch knallrot denke, hab ich grad einmal die Farblehre auf- und schnell wieder zugeschlagen, weil dort zu lesen ist, dass es circa 54390 Rots gibt, eins unaussprechlicher als das andere … Animiert vom neuen Gesichtssignal hat jemand anders seine Chance gewittert, meine tiefe Abneigung gegen rote Kleidungsstücke nach über 40 Jahren endlich zu überwinden, und Erbvorschuss in Form von roten teuren Jacken über mich ausgeschüttet wie einst der Wunschbaum Glitzerkleider überm Aschenputtel – nur dass ich kein bisschen am Baum gerüttelt hatte. „Endlich siehst du ein, wie toll Rot zu dir passt, Tochter“, sprach der Baum, stellte sich taub für meine Widerworte und verwandelte mich in eine Christbaumkugel. Derart gebrochen schleppte ich mich also letzte Woche in ein Geschäft und sah mir dabei zu, wie ich ohne Zwang und aus vermeintlich freiem Willen erst ein zartrotweißgestreiftes und schließlich ein weithin leuchtend orangerotes Shirt nicht nur in meinen Besitz überführte, sondern bei nächster Gelegenheit sogar samt Bolognesemund in die Öffentlichkeit trug. Und das Schlimmste: mich dabei pudelwohl fühlte. Bald folgt, ich ahne es, die dicke Holzperlenkette. Und jetzt aber erstmal die Frage: Wie wäscht man rote Kleidung in einem Haushalt voller Weißschwarzgrau? Mit, soviel ist klar, den weißen Sachen lieber nicht.

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: Unsplash //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~