Konfetti! Und außerdem … Die große Speisung
Wie in jedem Jahr ist jetzt kurz vor Halleluja. Und wie in jedem Jahr dominieren bei Familie W. am D. in N. an der P. nicht etwa bürgerliche Konzepte von Baum („Wozu der Stress, ich leg einen Zweig auf den Tisch und zünd den an.“) oder Schmuck desselben („Willst nicht auch was auf die Fensterseite hängen?“ – „Nein warum, ich will doch schöne Lichter, nicht die Nachbarn!“), festliche Gewandung („Am besten wird sein man hat gleich eine weite Jogginghose an.“) oder die Auswahl traditionellen Liedguts („Machst du mal bitte das Fenster zu? Die Jungs singen schon. Und versteck die Trompete!“), sondern: Essen. Damit unterscheiden sich Gesprächsinhalte vom restlichen Jahr: nicht, wenn man davon absieht, dass der Termin der großen Speisung vergleichsweise frühzeitig feststeht. Was den wunderbaren Effekt mit sich bringt, endlich einmal ausreichen Energie auf die inhaltliche Ausarbeitung verwenden zu können. Denn es sind viele Köche, die gern den Brei verderben würden, ein jeder hat Stärken, Schwächen und Finessen und möchte zwingend beitragen wie es ihm eben möglich ist („Ich kann leider überhaupt nichts einkaufen weil ich erst am 23. ganz spät aus dem wichtigen Kurzurlaub zurückkomme aber hey: Ich bring gute Laune mit!“). Für gewöhnlich reist man durch die Länderküchen und spickert auf der Weltkarte, Indien, Portugal, Afrika, und wenn der Pfeil einmal daneben trifft setzt man ihn eben geschmeidig um („Yeah, Russland!“ – „Vergiss es, da kann ich ja nicht mal die Rezepte lesen.“), zum Beispiel zufällig oft nach Italien. Von Ausflügen in die heimische Küche wird traditionell wieder abgesehen, seitdem eine erste Gans einem Stromausfall und bei einem zweiten Versuch der mediterran-verwöhnte Familienmagen kollektiv der Gans zum Opfer fiel: Sieben auf einen Streich, damit rühmt sich vielleicht das tapfere Schneiderlein, dem Weihnachtsfrohsinn jedoch ist es abträglich, wenn stundenlang sich nur noch gelegen, geächzt und verdaut werden kann. Also zurück zur leichten Küche. „Ich wünsch mir“, hab ich frivol einen Vorstoß gewagt, „dass wir ein Menü fleischlos machen.“ – „Supergut“, zeigte sich die Maîtresse de Cuisine überraschend gefügig, „dann machen wir drei Currys: mit Lamm, Fisch und eins mit Gemüse.“ Ich hab dann überlegt, dass ich mich vielleicht wieder auf meine Rolle als Sous-Chef oder vielleicht auch nur Coup de Main rückbesinne und anspruchslos bis grenzdebil und dementsprechend grienend für die niederen Arbeiten zuständig sein könnte, so denn welche anstehen. Für den Fall dass nicht hab ich mir schon eine Beschäftigung organisiert, nämlich ein großes Origami und den Bau von Tannenbäumen aus Servietten, zudem gedenke ich das Heimatradio zu bewachen und sogleich in – da hab ich meinen Willen doch noch eingemogelt! – cerberussisches Gebell zu verfallen, sollte mir jemand meine besinnliche Zithermusik gegen moderne Fischerchöre austauschen mögen. Seid besinnlich, friedvoll und liebet euch! Und die anderen bitte auch.
// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~