Diskotanz
Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Koriander-Lakritz und Gelbwurst-Mango

Ein unbedeutendes bayerisches Druckerzeugnis, das uns seit langer Zeit mit heiteren Diagrammen der sogenannten „gefühlten Wahrheit“ erfreut, schmiss vor einigen Jahren das wunderschöne Schaubild „vier Geschmacksrichtungen, mit denen uns kreative Innenstadt-Eisdielen diesen Sommer noch überraschen können“ auf die Bildschirme. Darauf zu sehen war eine feine Eistüte mit vier Kugeln kühler Schleckerei, bei deren Anblick es einem sogleich das Hirn schockfrostete, den Magen verschloss und die Zunge an den Gaumen tackerte: Koriander-Lakritz, Salz, Zimt-Garnele und mein persönlicher Favorit Gelbwurst-Mango. Dieses Schaubild muss sehr, sehr alt sein oder Beweis dafür, dass der Münchner halt nicht so oft hinauffährt in den schönen Norden, um dort einmal an der Zündschnur des Geschehens zu lecken, denn schließlich sind wir hier aufgrund ein bis drei findiger Gelateure so einiges gewohnt und warten seit der Präsentation des Schäufele-Eis entspannt zurückgelehnt auf die Sorten SechsaufKraut-Erdbeer mit aufgeschlagenem Senf, Sülze-Vanille mit Zwiebel-Topping oder Stadtwurst mit Muskat (vegan). Noch lacht ihr beschämt und verzieht angeekelt das Gesicht, meine Lieben, doch ihr werdet schon sehen! Wenngleich ich selbst ein bisschen stutzig werde ob der möglichen Grenzen des Pioniergeistes, da es mindestens zwei Sorten Leckgenuss gibt, die ich im Repertoire sehnlichst vermisse: Glühwein-Spekulatius und Lebkuchen-Zartbitter – Entschuldigung, aber wie naheliegend können denn Eissorten bitteschön sein? Wintergenuss im Sommer, der Hauptmarkt glühende Lava, kein Windchen zupft an der Frisur, aber wir können die Augen schließen, an unserer Glühwein-Waffel nuckeln und dazu dem Klang des Männleinlaufens lauschen. Wenn ich Tourist wäre, ich würd’s sofort machen. Und Lebkuchen-Eis, also erlaube mal! Nirgendwo auf der Welt bietet sich die Gelegenheit zu so einem weihnachtlich-sinnlichen Gesamterlebnis als hier mittendrin bei uns! Geruchskino in der Entwicklung noch nicht ganz ausgereift? Dass ich nicht lach, wir können seit dutzenden von Jahren machen, dass eine ganze Stadt im höchsten Hochsommer nach Zimt, Nelken und erfrorenen Füßen riecht dank der nimmermüden Elisenproduktionen, die wie ein Ring of Fire die Stadt umgeben, so dass egal woher der Wind kommt stets ein Hauch von Lebkuchen die sommerheißen, hundsbetagten Straßen durchweht. Auf der Zunge Lebkuchen, in der Nase auch und obendrauf Lichtschutzfaktor 60 – ich wär sofort dabei. Aber die Herrschaften an der Eismaschine haben ja offenbar anderes zu tun: Vorgestern sind mir doch tatsächlich in so einer Diele kurz die Augen rausgefallen – „Ähm sorry, aber Meerrettich-Schnittlauch, was hab ich mir denn bitte darunter vorzustellen?“ Doch bevor ich mich wehren konnte und empören, ob der Gelateur einen an der Waffel hatte, hatte ich eine grüne Kugel in der selben. Und ich muss sagen: Es war köstlich. Gelbwurst-Mango? Ich bin dabei!

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~