Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … MacGeifer

Unschuldig hab ich letzte Woche ein paar frivole Zeilen in die Welt hinausformuliert: „Verwirrend: Muttern findet die Reiseeinschränkungen prinzipiell begrüßenswert, entbinde das doch das Zwangsgefüge buckliger Verwandtschaften von unzähligen Autobahnkilometern lästigster Feiertagspflichtbesuche. Rapportiert im selben Atemzug vom ersten Plätzchenbuk seit 35 Jahren (Was bisher geschah: ‚Mama backst du mal bittebitte?‘ – ‚Ich glaub du spinnst.‘), schickt sorgfältige Fotodokumentation samt Hinweis, man dürfe sich das gern jederzeit abholen. Versuche, zwischen allen Zeilen zu lesen und Botschaft zu entschlüsseln.“ Ein schwieriges Projekt. Tagelang hab ich in der herabschauenden Putte vom Stuck gehangen, bin meinen Gedanken im Kreis hinterherkarussellt und hab sie durch plötzlichen Richtungswechsel zu überrumpeln versucht. In Miss Marple hab ich mich hineingefühlt als Sherlock durch die Nebelschwaden meiner Pfeife angestrengt die Brailleschrift meiner Raufasertapete bemonokelt. Doch selbst nachdem ich den Inhalt meiner Kindheitserinnerungskiste auf den Boden geleert und mit jedem dritten Gegenstand aus dem Biomüll erst farblich ansprechend und dann noch olfaktorisch kombiniert hatte: eine Lösung blieb gänzlich außer Sicht, zumal der Gegner – ich – mit verwirrungstaktischen Schachzügen bombardiert und vom eigentlichen Ziel abgelenkt wurde. „Bitte bleiben Sie daheim aber gehen Sie unbedingt shoppen!“, hat es da geheißen, und „Bitte mäßigen Sie ihren Konsum aber supporten Sie unbedingt your local dealer!“ und dann bei „Couching for Weltfrieden!“ und „Shopping for Vaterland!“ hätten sie mich fast gehabt, die Lauser, aber geschwind hab ich mich in eine Übersprungshandlung gerettet und listig ein paar Runden auf meinem neuen Staubsauger gedreht: Putzen for Hausfrieden! Und wie das dann oft so ist: Wenn der Geist im Körper ruht, geht er befreit spazieren und entwickelt allerlei Ideen. Meistens tut er das anstatt gefälligst einzuschlafen, doch ich bin harrypottergleich auf meinem Nimbus 2020 zur Balkontür hinausgestoben. Skibrille auf, Baumwollhandschuhe an und ab die Luzi, bambam-baba-bambam-baba-bambam-baba … didldööö, didlödöööö – dödöp! Mit quietschenden Reifen driftet MacGeifer um die Kurven raus zum Elternhaus, alleeeez hoppsassa mitten durch die Nachbarshecken, drei, zwei eins und mit einem gezielten Slide Fuß voraus rein ins Kellerfenster. Kurze Stausituation auf Höhe des mittleren Rings wird mit lautem Plopp bewältigt, dank jahrelangem Studium des elterlichen Grundrisses findet die Heldin den Weg zum geheimsten Vorratsschatz mit schlafwandlerischer Sicherheit ohne auch nur einer Mäuseseele zu begegnen, der Mensch eine Maschine aus Schnelligkeit und Eleganz und bevor auch nur ein Virus sich übertragen oder ein Staubkörndel zu Boden hätt fallen können bin ich … ebendort aufgewacht. Statt Zuckertraum nur Nightmare before Christmas! Sturz. Ein großes Knäuel aus Mütze-Schal-Brillenglasbeschlagen-Mundschutzhenkel. Jetzt Verwirrung und Kopfweh. Keine Plätzchen. Mama … ?

 

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~