Konfetti! Und außerdem … No-vember
In verschiedenen Schlaumeier-Beiträgen ist derzeit öfter mal zu lesen, der „November“ hieße, wie er heißt, weil es sich zu irgendwelchen unbekannten Zeiten antiker Herkunft und entsprechend unsinnig erfundenen Kalendarien hierbei mal um den neunten Monat des Jahres einer verwirrten und darum längst vergangenen Zeitrechnung gehandelt habe. Es würde sich also der Name vom lateinischen Wort für „neun“ ableiten, nämlich „novem“, und damit sei dann ja wohl alles geklärt. Ich als Linguistin kann da nur müde lächeln über diese alljährlich erneut verbreitete Mär. Denn schließlich weiß ich’s besser. „No“ ist hinlänglich bekannt als der weltweit verbreitete Laut für „nein“ (vgl. „no, grazie“, „no, merci“ oder „no, sänk you“). „-ember“ ist eine berühmte Endung, die im lateinischen Sprachraum für Monate steht, in denen es irgendwie gemütlich zugehen soll, in Wahrheit aber umso hektischer und verdrießlicher läuft (vgl. Dezember, der), während die Endung „-ar“ Monate kennzeichnet, in denen es saukalt und ungemütlich ist (vgl. Ar-ktis, die). Damit Präfix und Suffix besser über die Lippen rutschen, bedient sich das Deutsche eines sprachlichen Kniffs und hat für sich das sogenannte „Fugenmorphem“ erfunden. Das begegnet uns zwar meist als „s“ (Arbeit-s-zeit, Verband-s-kasten), im vorliegenden Fall ist aber aus ökonomischen Gründen das „v“ entstanden, einfach weil es viel weniger Energie bedarf, um es zu formen, und sich zudem ein „v“ noch mit dem vollsten Lebkuchenmund im Gegensatz zum „s“ garantiert korrekt aussprechen lässt. Nicht zu vergessen: „Nosember“ mag zwar als nominale Hommage an die traditionell kursierende Rotznase gereichen, klingt aber einfach ziemlich bescheuert. Daraus folgt: „No-v-ember“ bedeutet nichts anderes, als dass es sich hierbei um einen widerwärtigen Gruselmonat handelt, dessen Alltage sich durch eine strikte Verweigerungshaltung und Lebensverneinung kennzeichnen: „Möchtest du heute Nachmittag spazierengehen?“ – „NEIN!“, „Gehst du heute Abend mit zum Sport?“ – „NEIN!“ oder „Sollen wir nach der Arbeit noch in die Stadt gehen?“ – „NEIN!“ sind klassische Unterhaltungen des No-vembers. Aber warum? Nun, auch hier kann ich als Absolventin eines Bio-LKs weiterhelfen. Der Mensch ist vom Dings her ja ein Säugetier, und zwar nämlich hier ein mitteleuropäisches. Und was machen alle vernünftigen Säugetiere im Winter? Richtig: Winterschlaf. Dick und fett rollen sich Igel, Bär und Dachs in ihrer Höhle zusammen und ratzen durch, bis die Welt wieder Spaß macht. Nur wer muss da wieder eine Extrawurst braten? Richtig, der Mensch, der anstatt bis März in seiner Sofahöhle zu leben draußen herumspringen muss und irgendwas von „Arbeit“ und „Freizeit“ faseln. Ich mach da nicht mit, schließlich ist No-vember. Ob ich was am Wochenende unternehmen will? NEIN, natürlich nicht!
// Text: Katharina Wasmeier / Foto: Unsplash //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~