Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Powerwalk

„Frag mich doch bitte bloß nicht, was ich in letzter Zeit so gemacht habe“, hat ein Freund mich letzthin angeschrien, nachdem ich ihn gefragt hatte, was er in letzter Zeit so gemacht habe, weswegen ich ihm freilich sogleich eine kluge Frage stellte: „Wieso, was hast du denn so gemacht in letzter Zeit?“ Der Freund brach in Tränen aus, was jedoch dem scharfen Gegenwind geschuldet sein mochte, der uns das Gesicht zerschnitt, derweil wir romantisch durch ein Industriegebiet spazierten, dampfende Berge von Pferdeäpfeln umrundeten und mutig Schlammpfützen von unbekannter Tiefe durchschritten – die Abenteuer unserer Zeit, denn derweil hierzulande zwar vereinzelt Supermärkte „Single Shopping Days“ anbieten (Edeka Volkach, freitags 18-20 Uhr), ist im fernen Amerika nunmehr eingetreten, was die Sofanistin eures Vertrauens schon vorhergesagt hat, als das Covid noch ein lästiger Schnupfen und die alte Welt in Frieden war, nämlich dass einzig der Zorbing Ball für jeden die Lösung ist für alles: schöne Bands geben schöne Konzerte vor schönen Menschen in geht-so-schönen Plastikblasen und nennen es „Space Bubble Show“. Weshalb wir hier mit Fug und Recht behaupten können, dass ich die Zukunft vorausgesagt habe – Prophezeitung, quasi. Wenn jemand zum Handlesen vorbeikommen möchte: Wenige Termine sind noch frei. Also derweil ist hierzulande der Mensch hauptberuflich Spaziergänger geworden, denn nunmal ehrlich: Was bleibt ihm andres übrig? Doch was wäre der Mensch, wenn er sich nicht voneinander zu unterscheiden wüsste, und wer nun denkt: Vor dem Spaziergang sind wir alle gleich, der hat’s noch nicht richtig durchgezogen. Denn der Spaziergänger unterteilt sich nicht nur optisch, sondern auch noch zwengs der Tempi, was sich nicht nur dadurch bedingt, dass wer nicht ganz im Winterschlaf ist, meist zumindest winterschlaff auftritt oder, wie die Freundin neulich mit mir im Chor konstatierte, „den Spaziergang als Sportersatz betrachtet“ und entsprechend Leistung zu erbringen ist statt Kontemplation, weswegen sich der Begriff „Powerwalk“ etabliert hat, um von vornherein den Auftrag klarzumachen: 10 000 Schritte á 30 Minuten, sonst Streit. Weil der eine ist unzufrieden, weil nicht ausgepowert, sondern vom Hinterherschlurf stets an einer Rückholleine kurzgehalten, an der er mit Effet zurückgerissen wird, nachdem aus drei Schritten Gleichklang langsam ein Vorsprung erarbeitet worden und nach zehn dissonanten Schritten das Feld der Mitläufer weit zurückgefallen ist, weswegen man stehenbleiben und auf den Schlaffi warten muss, der, solcherart schlecht behandelt, in den Widerstand zu gehen sich nachgerade gezwungen sieht und sein sogenanntes Tempo noch verringert, denn man war ja zum Spaziergang verabredet, nicht zum Joggen, isdochwahr! Darum: Powerwalk. Hierfür empfiehlt sich auch die passende Klamotte, und aber das behandeln wir dann lieber nach der nächsten Maus. Es wird wohl kaum anderes passieren in der Zwischenzeit.

 

// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~