Konfetti! Und außerdem … Pubertanten
Als Tochter vergesse man gern einmal, dass die Mutter ja auch nur eine Tochter sei – so steht es in dem wunderbaren Buch „Altes Land“, das sich um die Generationenkonflikte vorgenannten Umstandes dreht. Was aber passiert, wenn die Tochter plötzlich zur Erziehungsperson der eigentlichen Erziehungsperson avanciert, nicht. Wie geschehen in Extremsituationen. Wie einer gemeinsamen Städtereise. Angetreten von einer offiziellen Tochter und zwei inoffiziellen „Nornen“, wie ich liebevoll zu sagen pflege in Anlehnung an die mystischen Hexengestalten, die kichernd Schicksalsfäden weben. Da findet man sich also unversehens sowohl in einer wildfremden Metropole als auch der unbekannten Situation wieder, sich Sätze sagen zu hören wie „Jetzt tu halt amal das Handy weg und schau aus dem Fenster!“, sich gleichzeitig über iPad-Fotografie der einen zu amüsieren und der anderen die Bedienung einer 20 Jahre alten Digicam zu erklären. Man überredet mit sanftem Nachdruck zwei spätabends vor Müdigkeit vom Stuhl fallende Damen zu einer Heimkehr, um sie dann dabei zu erwischen, wie sie im auf dem Weg liegenden Spätkauf statt der Flasche Wasser lieber eine solche mit Rotwein erstehen. Man geht nachtschreiend ins Bett und wird morgenschreiend davon aufgeweckt, dass sich dringend in aller Herrgottsfrüh über Haarstyling ausgetauscht werden muss. Man frühstückt figurbewusst nur ein Ei und drei Brotkrumen, begibt sich mit dieser kompakten Grundlage auf eine Wanderung über acht Stunden und 1500 Höhenmeter, lässt sich dann auseinandersetzen, dass Bier schon seit jeher in Bayern als Grundnahrungsmittel angesehen wird, deswegen drei davon eine Tagesmahlzeit vorzüglich ersetzen und der Wasserhaushalt damit einwandfrei in Gleichklang gebracht würde. Man lotst Damen mit Bierzeltstimmung klassenlehrergleich durchs fremde Straßenlabyrinth, bekommt dabei andauernd beschienen, dass man 1. vor Hunger sterbe und aber 2. eine Einkehr in ein Döner-Restaurant unter der damenhaften Würde sei und man 3. ausschließlich gourmetzuspeisen gedenke. Man erwischt die wandelnden Renitenzen dabei, wie sie angereichte Wasserflaschen heimlich in Blumenkübel entleeren. Wie sie in der Pizzeria um 22.30 Uhr erst einmal eine Flasche Wein bestellen. Man spricht mit Engelszungen über Abflug- und damit einhergehende Aufstehzeiten, wird dann aber von fröhlicher Meute zum Wachbleiben bis kurz vor Reisezeit gezwungen. Man fühlt sich sehr alt. „Je oller, je doller“, so das Wiktionary, „drückt aus, dass manche Menschen mit zunehmendem Alter unvernünftiger werden.“ Ich sage dazu: „Und es ward geboren ein neues Wort: die Pubertante.“ Hältste nich aus. Also los! Die Nacht ist jung – im Gegensatz zu … mir.
// Text: Katharina Wasmeier / Bild: Hannah Rabenstein //
~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~