Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Schwer übertrieben!

Zu Beginn des neuen Sofa-Jahres drängt es mich, einen Begriff einzuführen, der für unsereins von existenzieller Bedeutung ist. „Unsereins“, das sind Menschen wie eben ich, die einmal in der Woche in eine Tastatur boshaft ein paar Zeilen rotzen, um sich anschließend für den Rest der Zeit auf einem der über die Kontinente verstreuten pompösen Landsitze entspannt zurückzulehnen und die Millionen zu zählen, die sie für etwas bekommen, wofür andere Menschen viel Geld zahlen (in so Seminaren mit Namen wie „Therapeutisches Schreiben“, beispielsweise). Es geht um den Begriff „Hyperbel“. Den muss man also mal erklären. Eine Hyperbel (von griechisch ὑπερβολή / hyperbolé „Übertreffung, Übertreibung“) ist ein sogenannter Tropus, also eine rhetorische Figur, bei der über das Glaubwürdige hinaus übertrieben wird. Diesen Tropus verwenden Menschen wie eben ich mit unermesslicher Hingabe zu vornehmlich zwei Zwecken: Veranschaulichung (von allem Möglichen) und Verschleierung (von grenzenlosem Unwissen).

Ich möchte das im Fortfolgenden gerne erläutern, nicht zuletzt aus Gründen der Faulheit, um das Risiko einer Auseinandersetzung mit Fragen oder Vorwürfen à la „Hä aber Schuhgröße 197 gibt’s doch überhaupt gar net!?“ künftig zu minimieren. Also. Fangen wir mit dem weniger unangenehmen an: Veranschaulichung. Wenn ich beispielsweise darüber referieren möchte, dass sich ein, sagen wir, einprägsames olfaktorisches Erlebnis in einem, sagen wir, Aufzug ereignet hat. Dann geht das natürlich so: „In einem Aufzug mit Leuten drin hat einer komisch gerochen“. Oder aber auch so: „In einem Aufzug vom räumlichen Komfort einer Streichholzschachtel befand sich unter einer Horde der Stärke einer mittelstädtischen Fußballmannschaft inklusive Ersatzbank und Zeugwarten einer, der hätte sich das mit dem Deo-Verzicht vielleicht besser nochmal überlegen sollen.“

Und schwupps habt ihr – so hoffe ich doch – ein sehr viel dezidierteres Bild vom Ausmaß der Abscheulichkeit der Situation vor Augen. Mit der Verschleierung wird’s schwieriger. Ich bin mir vielleicht einer Sache nicht en Detail sicher oder aber bin es wohl, finde sie aber nur unglaublich langweilig. Deswegen stülpe ich der Sache geschwind ein knatschbuntes, feuerspeiendes, seiltanzendes, fackeljonglierendes Karnevalskostüm über, und schon haben wir – tadaa! – eine derart absurde Ansammlung von Wortdekoration, dass ihr hinterher nicht mehr wisst, ob ich die Hyperbel aufgrund a) dringend notwendiger Verschleierung frappierender Bildungsgruften oder b) zwengs der bildhaftigkeitsfördernden Veranschaulichung zu Rate gezogen habe. So. Und jetzt möchte ich bitte nie wieder Sätze hören à la „Äääh du spinnst doch, kein Mensch kann 37 Schweinebraten essen!“ Ich weiß. Es kann sich auch kein Mensch selber am Ellenbogen lecken. Lustig aussehen tut’s trotzdem.

/ Text: Katharina Wasmeier. Bild: Hannah Rabenstein /

~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa!“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten ~