Konfetti - Die Kolumne

Konfetti! Und außerdem … Wetterstreit

Wenn Leute nichts zu sagen haben, sprechen sie übers Wetter. Deswegen kommt dieses Hilfsmittel hier auch vergleichsweise oft zum Einsatz, wie ihr vielleicht schon gemerkt habt. Ich finde aber, dass das Wetter völlig zu Unrecht verpönt ist als Einstieg in intellektuelle Abhandlungen, weil schließlich hängen am Wetter lebenswichtige Umstände und Entscheidungen ab, die mitunter uns alle betreffen: „Du, was hältst du eigentlich von der feudalgelenkten Außenpolitik der K.u.K.-Monarchie in Hinblick auf die republikanischen Bestrebungen bosnischer Ortsverbände unter Zuhilfenahme eines neuartigen Lederballs bei der paritätischen Verteilung von Kuttelsuppe in matriarchal gelenkten Familienkleinstunternehmen des späten 18. Jahrhunderts?“ – „Ähm … also, dazu müsste ich zuvorderst wissen: War’s da schon warm?“ Die soziale Spaltung beginnt beim Wetter! Enge Freunde entzweien sich, weil die einen finden, dass es selbstverständlich eine ausgezeichnete Idee ist, bei 12 Grad und Weinschorle im leichten Schurwolljäkchen die Straßencafésaison einzuweihen und die grauen Straßen mit grellem Flanking zu erhellen, während die anderen dick eingemummelt im Daunengewand drinnen mit dem Kanapee verschmelzen und am frischen Ingwerwasser nippen. Eltern überwerfen sich mit ihren Kindern, weil die einen finden, es sei nun wirklich nicht mehr die Zeit für Fleeceschals und Bommelmützen, derweil die anderen sich weigern, auch nur einen Fuß ins Freie zu setzen, so lange der nicht bis zum Knie hinauf in Lammfell fest verpackt ist („Mama, meinst du nicht, dass es besser wäre, die Jacke wenigstens zu zu machen?“ – „Ach so ein Schmarrn, ich bin doch nicht aus Zucker so wie du in deinem Polarkleid.“) Unter Geschwistern kommt es zum Handgemenge, weil die einen darauf bestehen, den Permafrostboden des gemeinsamen Schrebergartens mittels Handpflug „einmal ordentlich aufzulockern“, derweil die anderen starr vor Schreck und Eiswind stehen und bescheinen, „dass einzige, was hier locker wird, sind die Schrauben in deinem Kopf.“ Göttergatten verweigern die Gefolgschaft beim lang geplanten Ausflug, weil also ganz vielleicht war es doch keine so spezialgute Idee, zwei Stunden im horizontalen Eishagel auszuharren, um dem Ruhmreichen beim haushoch Verlieren beizustehen, und Freundinnen brechen den heiß ersehnten Ratsch nach zehn Minuten ab, weil sie feststellen müssen, dass es „von innen irgendwie draußen wärmer ausgesehen hat“ und legerer Strick und Ballerinasöckchen womöglich doch die falsche Wahl waren, und Brüder beschimpfen Schwestern als „Enttäuschung“, weil eine von zwei Teilnehmern einer spontanen Radltour beim Verlassen des Hauses spontan alle Finger und Zehen verliert und den kümmerlichen Rest an Extremitäten lieber im Wohnzimmer an den Ofen bindet, um das schöne, doch trügerische Sonnenwetter fortan lieber gemütlich von drinnen zu genießen. Also sag nochmal einer, „Wetter“ wäre kein wichtiges Thema!

// Text: Katharina Wasmeier / Foto: Unsplash //

~~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa“ in der Freitagsausgabe Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung ~~