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Nachbericht: Heinz Strunk liest ,,der goldene Handschuh“

Vergangenen Dienstag bot sich der Audienz in Erlangen die Möglichkeit, im E-Werk einzelnen Textfragmenten aus dem Buch der ,,Der goldene Handschuh’’ zu lauschen. Gleich zu Beginn wurde stolz verkündet, dass das Buch schon in eine Hörbuchfassung von sechs und halb Stunden gepresst und der heutige Vortrag auf finale neunzig Minuten komprimiert wurde. Dieser Lesungsbericht wiederum hat es sich zu eigen gemacht, die Buchfassung auf eine Seite zu reduzieren, ohne eine gewaltige Welle des gegenwärtig gefürchteten Spoilerismus zu streifen. Worum geht es? Honka!

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Fritz Honka war ein Serienmörder der seine Karriere im Dezember 1970 begann und fortan mehrere Opfer zerstückelte und die Leichenteile anschließend in seinen eigenen vier Wänden – inklusive 7 Dosen Fichtentannenspray – beherbergte. Diese realitätsbasierte Ausgangslage nahm sich Heinz Strunk zum Anlass, um ein fiktionales Netz der damaligen Begebenheiten zu rekonstruieren. Im Mittelpunkt steht die Kneipe ,der goldene Handschuh’ welche als alkoholische Betäubungsanlage regelmäßig von Fritz und auch von seinen späteren Opfern aufgesucht wurde. Das Lieblingsgetränk in diesem Etablissement hätte heute schon wieder das Potenzial zu einem neuen Berliner Kultgetränk und lautet: ,FaKo’ (50% Fanta, 50% Korn).

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Doch abseits der Rauschmittel gibt es auch viele Stammbesucher dieses Lokals. Mit im Bunde: Soldaten Norbert. Ein stolzes Ex-Mitglied der Waffen-SS und immer vornehm an einer Verblendungsschnappsorgie heilauf beteiligt. Den neben FaKo gibt es natürlich auch noch Doppelkorn als rechten zerstörerischen Ausweg. Eines der ersten Opfer ist Gerda. Und diese Dame toppt Fritz’s FaKo Konsum um das dreifache. Fritz gefällt das, es macht ihn sogar geil. Doch mit zunehmender Zeit ändert sich das Begierdeverhalten von Fritz und er findet es auf einmal nicht mehr so prickelnd, wenn Gerda so viel schluckt. Fritz entwickelt im Halbrausch immer absurdere Gedanken oder lässt sich von abstrusen Geistesfetzen seines Bruders und seiner Kneipenkollegen anstecken. Wieso also FaKo trinken, wenn man sich gegenseitig vernichten kann?

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Neben diesem Handlungsstrang, gibt es auch noch eine Parallel-Geschichte, die sich in vermeintlich besseren Kreisen ereignet. Die Dialoge innerhalb der Oberschicht sind ähnlich skurril und bizarr strukturiert, weshalb man manchmal vergisst, ob man gerade am Tresen lauscht oder sich in minimalistischer Loft-Atmosphäre befindet. Die Lesung glich einem nüchternen Beiwohnen in feucht-fröhlicher Atmosphäre, bei dem sich viele Zuhörer nicht sicher waren, ob sie dieser Kneipenbande des ,goldenen Handschuhs’ ihr Mitleid oder bloßes Gelächter spenden sollten. Will man als Autor dieses gekürzte Skript auf knapp vierzig Tourterminen wiederholen? Angesichts der Zerstücklungsbeschreibung des Opfers könnte man meinen, es sei das sinnvollste sich erstmal noch eine Runde FaKo zu bestellen.

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/ Text: Leo Zimmermann  / Bilder: Ufuk Pekdemir & Leo Zimmermann & NDR Kultur /

 

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