Konfetti - Die Kolumne

Ausprobiert: Wasserlaufball

So wie ich gerade fühlt sich vermutlich eine Flaschenpost. Oder ein Kleinkind, das zu laufen lernt. Am besten trifft es wohl eine Mischung aus beidem. Ich befinde mich in einem zwei Meter großen Plastikball. Unter mir wiegt sanft der Wöhrder See, über mir strahlt der blaue Himmel. Na, das ist gelogen, eigentlich ist’s recht wolkig. Worüber ich froh bin, denn es ist auch so warm genug in meiner Kugel. Das kommt davon, dass ich seit fünf Minuten nicht das tue, was mir am angenehmsten erscheint – in der schwimmenden Blase liegen und mich freuen – sondern das, wofür das Ding gemacht ist: laufen. Wieder gelogen. Richtig: hinfallen.

„Du musst einfach nur kleine, schnelle Schritte machen und mit dem Ball eins werden“, hat Shadi vom Bootsverleih Nürnberg gesagt. Der ermöglicht den Nürnbergern seit zehn Jahren gemütliche Schaukelstündchen in Tret- und Ruderbooten und neuerdings auch den Wassersport der etwas anderen Art. Sieben sogenannte „Zorbing Bälle“ warten auf alle, die das Laufen neu erlernen wollen. Und eins fühle ich mich mit dem Ball in der Tat. Hab ja genug Kontakt. Ein „Zorb“ war ursprünglich dafür konstruiert, dass Leute, die es danach verlangt, darin Hügel hinabbollern können. Das kann prima sein, wenn man einen stabilen Magen hat und alles gut geht, kann aber auch schwer danebengehen. Rumkugeln im Wasser ist die logische Weiterentwicklung. Aufgrund relativ spärlich gesäter Felsmassive im hiesigen Stadtgewässer scheint mir das Risiko akzeptabel minimiert.

Auch der bei meinem Besuch zufällig anwesende Herr vom Gewerbeaufsichtsamt hat festgestellt, dass hier alles prima und er bester Dinge ist. Ich nicht mehr so, denn schließlich hab ich grad gehört, dass unlängst in den USA der Riesenballon über seinem Innenleben zusammengefallen ist. In so eine zusammengefallene Hülle heißen mich Shadi und sein Kollege nun einsteigen. Einer hält mir den 50cm langen Reißverschluss auf, ich soll da jetzt bitte was? Na gut. Drin. Gleichzeitig steckt Shadi eine riesige Staubsaugerdüse durch den Schlitz, die aber nicht saugt, sondern Luft zu mir bläst. In Windeseile ist aus der Hülle eine Kugel geworden. Ich soll den Klettverschluss von innen schließen. Ich bin gefangen. Ein, zwei Schritte vom Ponton zur Wasserkante, und – platsch! – ich bin im Wasser. Und gleichzeitig zum ersten Mal längsgelegt. Vorab hatte ich die Vorstellung, man müsste diese Kugel durch bestimmte Bewegungen in bestimmte Richtungen lenken können.

Fürderhin war ich in meiner Vorstellung dazu nicht in der Lage und trieb einsam durch die Innenstadt. Diese Gefahr ist erfreulicherweise gebannt: Ich hänge an einem zehn Meter langen Seil, das Shadi dazu befähigt, mich jederzeit wieder an Land zu zurren. Was er aber nicht tut. Sondern sich an meinen höchst ungeschickten Gehversuchen labt. Aber ich muss ja selber lachen. Liegen? Geht. Auch bäuchlings ganz ausgezeichnet. Kann man direkt ein bisschen die Flora und Fauna durch die Plastikscheibe betrachten. Hinknien? Schon schwieriger, es wackelt halt ordentlich, und noch mehr wackelt’s beim Versuch, sich hinzustellen. Griffe innen? Fehlanzeige. „Die Gefahr, sich daran zu verletzen, wäre viel zu groß“, sagt Shadi. Irgendwo innen abstützen? Keine Chance. Die Kugel kippt sofort in die Richtung, in die man das Gewicht verlagert. Irgendwann gelingen mir durch puren Zufall besagte „kleine schnelle Schritte“.

Das Wasser spritzt auf alle Seiten und ich hinterher. Ich schwitze und hechele und habe einen Mordsspaß. „Den Anfängern sage ich manchmal, dass ich ihnen die fünf Euro schenke, wenn sie 40 Schritte am Stück schaffen“, sagt Shadi. Wohlwissend, dass das halt kaum geht. Irgendwann schaffe ich immerhin zehn Schritte – naja, vielleicht sinds auch nur vier, jedenfalls gehen die gleichzeitig nach vorne, hinten und zur Seite, bevor ich wieder liege. Jetzt reicht’s. Shadi zieht mich zum rettenden Ufer, ich falle aus der Kugel. „Das ist furchtbar anstrengend!“, sag ich, und Shadi, dass man normalerweise auch nur fünf Minuten drin bleibt, aber er habe mir mal zehn gelassen. Damit ich ein Gefühl bekomme. Hab ich. Und zwar eins, dass da durchaus ein Ehrgeiz geweckt worden sein könnte.

Bootsverleih am Wöhrder See, Mo-Fr ab 12 Uhr / Sa, So + Feiertage ab 10 Uhr, jeweils bis Sonnenuntergang, Tel.: 0179/ 4000422, Wasserlaufbälle zu 5€/ 5 Min.




// Text & Bild: Katharina Wasmeier //