Konfetti! Und außerdem … Sommernach(ts)- herzschmerz
Es gibt so verschiedene Sachen, mit denen Eltern einen ein Leben lang aufziehen. Besonders hoch im Rennen stehen Pubertätsszenarien jedweder Art – vermutlich eine Art Traumabewältigung, die die Erzeuger dadurch leisten. Es sei ihnen gewissermaßen gegönnt, schließlich erkennt man mit zunehmender Altersweisheit, dass in der Tat hier und da ein Matrixfehler vorgelegen haben mag. Und wenn man ganz ehrlich zu sich ist, muss man eingestehen, dass man vermutlich an Elternstelle nichts anderes machen würde, als sich in jahrelangen, epischen Lästereien und Lachkrämpfen zu ergehen. Eine dieser Geschichten beginnt mit dem Satz „Das war doch der Sommerurlaub, bei dem du die komplette Heimreise über Rotz und Wasser geheult hast …“ Nun, dieser Versuch einer historischen Einordnung ist so gehässig wie vergebens, denn: Ich habe sehr, sehr viele Urlaubsheimreisen Rotz und Wasser heulend verbracht. Jedes Mal das gleiche Szenario.
Völlig wurscht, ob sich ein Strand in Italien, Frankreich oder Kroatien befindet, ob Wasser und Nächte kalt oder warm sind, ob es nur Saft zu trinken gibt oder schon Sangria – mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit habe ich höchstens einen Tag ab Ankunft gebraucht, um die Liebe meines Lebens in Form eines pickligen Knaben zielsicher aufzuspüren wie ein Schweinderl einen Trüffel. Infolgedessen ist man im siebten Himmel statt an der Adria, durchleidet Ausflüge jedweder Art als Todesstrafe nicht allein, weil sie mit der Familie zu bestreiten sind, sondern weil das eine mehrstündige Trennung vom Zukünftigen (Iren, Franzosen, Deutschen, etc. pp.) bedeutet, und dann, irgendwann, wenn das Aufgebot gedanklich bestellt, die Hochzeitsreise geplant und die Kinder getauft sind, werden für alle Beteiligten vollkommen überraschend die Zelte abgebrochen.
Es erfolgen Suiziddrohungen, Sich-selbst-zur-Adoption-freigeben-Ankündigungen, dann hollywoodeske Abschiedsszenen und die unweigerliche Abreise. Die verbrachte mein gequältes Ich wie folgt: Walkman (das ist das mit den Kassetten, liebe Kinder, doch dazu ein andermal mehr) rein, Kuschelrock 1 bis 7 in Dauerschleife, und dann – ist es denn die Möglichkeit? – singen diese klugen Menschen nicht alles genau das, was man selber grade empfindet. Gebrochene Herzen, unstillbare Sehnsucht, einsam bis ans Lebensende, so Zeug. Das eignet sich wiederum hervorragend dafür, Textfragmente in verschiedenfarbiger Tinte zu einem großen Gesamtkunstwerksliebesbrief zu formen und solcherart die gesamte Fahrt zu bestreiten. Daheim angekommen litt man noch so ein, zwei Stunden Tantalusqualen, nur mit Herz statt Leber, woraufhin eine spontane Wunderheilung erfolgte und alles vergessen war. Bis zum nächsten Skilager.
/ Text: Katharina Wasmeier. Bild: Hannah Rabenstein /
~ Diese Glosse erscheint unter dem Namen „Runter vom Sofa!“ in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten ~