Gefragt: Jesper Munk
Er wird als das Blues Wunderkind gefeiert. Jesper Munk ist noch jung, aber nicht mehr grün hinter den Ohren. Ganz im Gegenteil wirkt er eher reif und als wäre er auf dem Boden geblieben. Ihn kann bestimmt nix so schnell aus der Ruhe bringen…
Ich hab mich mit ihm vor seinem Konzert im E-Werk unterhalten und es hat sich die meiste Zeit ums Song schreiben gedreht. Nun gut, lest am besten selbst:
HDIYL: Mir ist aufgefallen, dass viele Musiker oder Bands, in deinem Alter, mit der Musik anfangen,bei Indie oder Elektro enden. Du machst Blues. Mich interessiert es, was dich daran fasziniert. Warum machst du Blues und beispielsweise kein Indie?
Jesper Munk: Ich glaube einfach, dass jeder seine Musik findet. Das ganze Indie Elektro war zu der Zeit, in unserer Generation, ziemlich angesagt und viel gehört. Es haben sich viele damit identifiziert. Daher, nehme ich mal an, gibt es mehr Indie Bands als Bluesbands. Uns hat eben eine andere Musik interessiert. Dsa haben wir uns zuhause gefunden.
HDIYL: Es soll ja auch jeder das machen, wonach ihm ist. Klingt jetzt super schlau. Für dein zweites Album „Claim“ hast du dir keine unbekannten Produzenten geschnappt. Einmal beispielsweise Mocky, der schon Feist oder L’aupaire produzierte, oder Sepalot von Blumentopf. Hast du sie dir ausgesucht?
JM: Teilweise wurden sie mir vom Management vorgeschlagen, weil es Verbindungen zu Mocky gab. Meine Managerin kannte seinen Manager und so kamen wir zusammen. Ich hatte damals gar nicht auf dem Schirm, dass er auch Feist produziert hat. Das habe ich, erst kurz bevor ich nach Los Angeles geflogen bin, erfahren. Musikalisch passt es ganz gut. Da reichte schon ein Track. Der war von Jamie Lidell. Sepalot habe ich anders kennengelernt, wir sind zusammen beim gleichen Management. Wir haben uns privat einfach auch gut verstanden und schon ein paar Lieder aufgenommen, die dann auch auf der Platte gelandet sind. Von Jon Spencer wusste ich gar nicht, dass er produziert. Das hat mir mein Vater erzählt. Ich war einmal auf einem Konzert von ihm und das hat meine Wahrnehmung auf Musik verändert und sehr beeinflusst. Ich bin ein großer Fan von seiner Person, seiner Musik und seiner Attitude. Natürlich auch vom Sound auf seinen Platten. So haben wir ihn ganz offiziell angefragt und es hat geklappt. Der Rest wurde selbst produziert.
HDIYL: Was reizt dich an ihnen? Wenn du sie gekannt hättest, hättest du sie auch selber ausgesucht?
JM: Ich glaube schon. Es sind sehr verschiedene Produzenten. Wenn man Mocky und Jon Spencer vergleicht, sind sie ganz unterschiedlich. Auf der einen Seite sind beide typisch für L.A. und New York und dann wieder untypisch, weil sie sehr experimentell sind. Trotzdem war die Veränderung zwischen weich und hart ziemlich klischeemäßig L.A. und New York. Das dann aber eigenverpackt in der Produktion. Ich glaube, dass war es, was mich interessiert. Die Extreme herauszufinden. Meine Musik, unsere Musik spielt sich auch in Extremen ab. Sehr leise, sehr laut. Sehr weich, sehr hart.
HDIYL: Du hast gerade unsere Musik gesagt. Siehst du dich selber als Band oder als eigenständigen Künstler, der bei Live Auftritten von einer Band begleitet wird?
JM: Das kommt immer darauf an. Wir haben in New York, als wir die Songs aufgenommen haben, gute zwei Wochen im Proberaum verbracht. Ich hatte nur Skizzen von Songs dabei und der Rest ist im Band-Ding entstanden. Wenn ich die Songs höre, habe ich bei manchen das Band-Gefühl und bei anderen nicht. Die habe ich geschrieben und mit anderen produziert. Sobald wir sie live spielen, ist es mehr unsere Musik als meine Musik. So sehe ich das.
HDIYL: Du gibst quasi den Namen her und live ist es eine Band. Du schreibst alle deine Songs selber. Könntest du dir vorstellen, wenn dein Label mit einem Song auf dich zukommt, den zu singen? Weil das Lied aufs Album muss, es könnte ja der nächste Hit werden…
JM: Nee, das könnte ich mir nicht vorstellen. Naja, es kommt darauf an, von wem er kommt und ob ich mich mit ihm identifizieren kann. Wenn ich mich wirklich mit der Geschichte des Songs identifizieren kann, ihn aber abgelehnt habe und später im Radio höre, er dann noch von Lianne La Havas geschrieben wäre, würde ich mich ärgern. Aber die Frage habe ich mir nie gestellt. Wohl weil ich zu sehr ein Narzisst bin, was das Songwriting angeht. Im Co-Writing ist das anders. Da habe ich mit Mocky auch viele Sachen ausgebessert und „You Don’t Have To Say Goodbey“ haben wir 50/50 zusammen geschrieben. Mir macht es Spaß, weil man sich aufeinander einlässt. In dem Kontext habe ich kein Problem damit.
HDIYL: So etwas entsteht ja auch besser Vorort als per Mail. Du arbeitest ja auch mit Lary zusammen. Sie betitelt ihren Stil als „Future Deutsche Welle“, du machst Blues. Ich habe mal rumgesponnen und wenn ihr zusammen einen Song aufnehmen würdet, kommt dann „Future Blues“ raus?
JM: Future Blues? (lacht)
HDIYL: Würdet ihr zusammen einen Song schreiben und aufnehmen?
JM: Ja, da würde es auch keine Grenzen geben. Es kommt auf die Zeit an, wann und wie man es macht. Dafür sind wir offen. Ich bin genretechnisch auch nicht gebunden. Es muss halt passen – für sie und wie für mich.
HDIYL: Mal etwas anderes. Würdest du ein Lied für einen James Bond Film schreiben?
JM: Sofort.
HDIYL: Ich bin durch Alicia Keys und Jack White darauf gekommen. Im Hinterkopf hatte ich Lary und dich noch und irgendwie fand ich es passend. Wäre auf alle Fälle etwas anderes im Vergleich zum aktuellen von Sam Smith.
JM: Kannst ja mal anfragen.
HDIYL: Genau, ich tüte das ein. Ich mach das für euch klar. Das nächste Lied kommt von Jesper Munk und Lary!
Du spielst im Januar auf dem Eurosonic Festival, einem der größten und wichtigsten Showcase Festivals Europas.
JM: Genau, dass wurde ja erst vor ein paar Wochen bestätigt. Ich bin sehr glücklich damit, was die Booking Agentur für Arbeit geleistet hat. Vor allem unser Hauptbooker, der liebe Torben. Ich denke, jede Band versucht möglichst weitläufig Musik zu machen, im Live Rahmen. Möglichst viel zu sehen und zu spielen. Das wäre ein Traum, wenn man eine Europatournee angehen könnte. Je mehr Länder dazu gekommen, desto besser. Da sind Festivals wie das Reeperbahn oder Eurosonic mögliche Türöffner. Es wäre schön, wenn man das mitnehmen könnte.
HDIYL: Die Touren, die du hier spielst, sind ganz gut besucht, ein paar Städte sind ausverkauft. Wäre es eine Option für dich, beim nächsten Album, in Deutschland weniger Konzerte zu spielen und dafür mehr im Ausland?
JM: Ich würde es gar nicht limitieren. Ich kann mir schon vorstellen, mehrere Monate auf Tour zu sein. Es ist eine Zerreißprobe für eine Band, aber auch eine tolle Erfahrung. Wie gesagt, je mehr Länder dazukommen, desto besser. Das muss die Anzahl der Konzerte in Deutschland aber nicht limitieren.
HDIYL: Mich hat es gefreut, als ich die Bestätigung gesehen habe. Ich meine, beim Reeperbahn Festival kennt man doch schon ein paar Namen aus dem Line Up, aber das vom Eurosonic ist so breit gefächert, dass man sich erst mal durchhören müsste. Deswegen ist es schön einen bekannten Namen zu sehen.
Kommen wir auch schon zu meiner letzten Frage: Hast du momentan ein Lieblingslied oder Album?
JM: Ist tatsächlich schwierig. Ich höre momentan sehr gerne Lianne La Havas, egal ob neu oder alt. Ich bin ein großer Fan von ihr. Mein Lieblingsalbum, vom Textanspruch her, ist von Akua Naru – The Miner’s Canary. Aus Köln, zwar nicht in Deutschland geboren.
HDIYL: Lianne La Havas höre ich auch sehr gerne und von Akua Naru müsste ich schon mal gehört haben. Normalerweise werden mir ja immer Bands empfohlen, von denen ich noch nie etwas gehört habe.
JM: Höre sie dir mal an, sie ist wirklich sehr gut! Palace sind auch ziemlich geil. Spielen in England vor 200 Leuten. Die sind großartig!
Danke noch mal an Jesper für das tolle Interview!
Später ging es dann noch zum Konzert, ist ja klar! Seine Vorband, die er im Übrigen lobte, William‘s Orbit, habe ich doch glatt mal verpasst. Zu gern hätte ich sie mal live gesehen, besonders, weil sie doch so in aller Munde sind und gerade den Newcomer Contest Bayern gewonnen haben. Ein anders mal eben.
Erwartungslos wie ich vor Konzerten bin, landete ich also zu spät im Saal, aber gerade noch rechtzeitig für Jesper Munk. Musikalisch wusste ich, dass es in eine andere Richtung gehen wird, doch Publikumstechnisch konnte ich mir nichts vorstellen. Würden nur junge hippe Mädels und Jungs da sein oder doch die etwas älteren Blues Liebhaber? Es war eine bunte Mischung aus beidem.
Nach dem Konzert, eigentlich schon während des Auftritts, wurde mir klar, dass ich mich mal in den Blues reinhören muss. Ich war ganz angetan davon. Manchmal braucht es eben nur eine Gitarre, ein Schlagzeug, ein Bass und ein Keyboard, damit Lieder so leidend und gefühlsvoll klingen. Denke mal, dass diese rauchige Stimme ihren großen Teil dazu beiträgt. Manche der Lieder haben schon diese gewisse James Bond Coolness, deswegen ist die Frage gar nicht mal so absurd.
Ob es so schlau ist, mit den ganzen ruhigeren Songs anzufangen und zum Schluss hin schneller zu werden, sei mal dahin gestellt. Bei mir war zum Ende hin etwas die Luft draußen, aber auch, weil sich vor mir eine Tratschgruppe versammelt hatte. Warum die Leute auf Konzerten immer ein Kaffeekränzchen mit Bier abhalten müssen, ist mir ein Rätsel.
Gott sei Dank war der Jesper mit seiner Stimme laut genug und konnte sie übertönen!
www.jesper-munk.de
www.facebook.com/jespermunkmusic
/ Text: Matilda Pfeil / Bild: Presse /