Musik

Rezensionen: Bok Bok, Klangkarussell, Chuckamuck, Angus & Julia Stone

So unterschiedlich unsere RedakteurInnen, so unterschiedlich die Plattenkritiken. Hier und heute die erste Premieren-Ausgabe mit Bok Bok, Klangkarussell, Chuckamuck und Angus & Julia Stone. Viele weitere werden folgen …

BOK BOK – YOUR CHARIZMATIC SELF (EP)
(Night Slugs)
Ein gefundenes Fressen für Beat-Puristen. Wo manch ein Produzent elektronischer Musik seine Songs mit Flächen vollwabert, mit Melodien überlädt und Drums über Drums stapelt, ist der Ansatz hier ein ganz anderer. Mit minimal gehaltenen Fragmenten und vielen Leerstellen als Still- und Störmittel schafft Alex Sushon aka Bok Bok seine ganz eigene Struktur. Für den Opener „Melba’s Call“, zeitgleich Aushängeschild der EP, gibt es gesangliche Unterstützung von Kelela. Ergibt Sinn, schließlich kennt man sich bereits von deren Mixtape „Cut 4 Me“. Beeindruckend, wie die Sängerin ihre Stimme in, über und um die Zwischenräume der verschachtelten Rhythmen legt und so der kühlen technisierten Grundstimmung viel Emotion beimischt. Die reinen Instrumentals der EP weisen durch ihren Minimalismus zwar mal Längen auf, aber bei so einem musikalischen Ansatz kann das am Ende nicht wirklich stören.

www.facebook.com/djbokbokofficial
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/ Alex Pahl /

KLANGKARUSSELL – NETZWERK
(Vertigo Berlin)
Lange musste man auf das Debütalbum von Klangkarussell warten. Jetzt ist es da. So richtig aufmerksam wurde man auf Tobias Rieser und Adrian Held aka Klangkarussell durch ihren Song „Sonnentanz“, der sich wochenlang in den Charts hielt. Letztes Jahr erschien eine neue Version des Titels und zwar mit Gesang von Will Heard; das ganze hieß dann „Sonnentanz (Sun Don’t Shine)“. Selbst Cara Delevigne ließ es sich nicht nehmen, eine eigene Version des Songs aufzunehmen. Die klingt übrigens gar nicht mal so schlecht!

Auf dem Album finden sich neben Sonnentanz und ihrer aktuellen Single „Netzwerk (Falls Like Rain)“ noch neun weitere Titel. „Sonnentanz (Sun Don’t Shine)“ gefällt mir mit Gesang besser als ohne, da wird mir nach ein paar Minuten ein wenig langweilig, wenn ich es nur so für mich alleine höre. Genauso geht mir das auch mit dem Album als Ganzes, jedoch denke ich, dass es noch einmal etwas anderes ist, wenn man in einem Club oder bei einem Festival ist und dort die Lieder hört. Einfach Geschmackssache … Ach ja, „Moments“ finde ich noch richtig gut.

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/ Matilda Pfeil /

CHUCKAMUCK – IM KNAST (EP)
(Staatsakt)
Showcase-Ritterschlag beim Eurosonic, King Khan & The Shrines Support, jetzt gleich vier Gigs als Opener für die Beatsteaks, … Man könnte meinen, bei den Berliner Garage-Rock´n´Rollern läuft’s. Tut es auch. Irgendwie. Da der Besucherstrom für die eigenen Headliner-Konzerte sich in Teilen des Landes in Grenzen hält, wird versucht, Chuckamuck in die Breite zu ziehen. Irgendwie. Irgendwie passt diese Band, die auf ihrer neuen EP Liebe, Leben und den Prenzlauer Berg besingt und teils ironisch verarbeitet und verschrammelt, aber nicht auf die großen Bühnen. 110 Leute in einem kleinen, schwitzigen Club, die kurz vor dem ersten Pogo-Ausfallschritt merken, dass die etwas überaltete, sehr schicke Nickelbrille das nicht mitmachen würde und sich deshalb auf heftiges Kopfnicken einigen. Das ist es. Nicht mehr und nicht weniger. „Im Knast“ ist ein weiterer Beleg erstens für die Qualität der Band, zweitens aber auch für ihre Verschrobenheit, die sich auch so gehört! Bester Song: „Kehrtage“ – als Video in mehreren Versionen verfügbar.

www.chuckamuck.tumblr.com
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/ David Lodhi /

/ David Lodhi /

ANGUS & JULIA STONE – ANGUS & JULIA STONE
(Vertigo Berlin)
Das Geschwisterpaar aus Australien füllt auch in Deutschland die großen Hallen. Fünf Shows wird es im November im Rahmen einer Welttournee geben, die vier „Medienstädte“ plus Offenbach am Main haben hier den Zuschlag bekommen. Warum Angus & Julia Stone inzwischen so groß sind, dass Grosse Freiheit, Tempodrom oder Tonhalle bespielt werden und das sicherlich mit mehr als anständiger Füllung, wird auch auf ihrem dritten gemeinsamen Album (die drei Soloalben nicht mit eingerechnet) klar. Die Melancholie des zeitgemäßen Moll-Indie trifft auf die Zartheit des Folk, die Klarheit des Radiopops und eine bildliche wie musikalische Authentizität, wie sie gerade bei den Majorlabels hoch im Kurs steht, nachdem die kleinen Labels mal wieder jahrelang gezeigt haben, wie der Hase läuft. Für den Feinschliff der Platte war mit Rick Rubin ein Produzent verantwortlich, der weiß was er tut. Und das auch einsetzt. Trotzdem wäre es ein Fehler, hier ausschließlich von Weichspüler-Sound zu schreiben. Das ist zu einfach. Die oben eher im Negativen benannte Authentizität ist bei Angus & Julia Stone durchaus nicht aufgesetzt. Sondern: Die beiden waren schon so wie sie sind, bevor das passiert ist was passiert ist. Und das schimmert durch die 13 Songs der Platte durch und zwar so deutlich, dass man erstmal laufen lässt statt vorzuspulen. Charmant kommen die ruhigeren, zweistimmig gesungenen Songs wie „Wherever You Are“ oder „Other Things“ im Gehörgang an, und wenn der Formatpop im zweiten Teil der Platte zum B-Seiten-Pop wird („From Whiskey“, „Crash And Burn“), könnte man fast schon von „mutig“ sprechen. Ob von dieser Platte allerdings am Ende wirklich was hängenbleibt, das steht noch in den Sternen.

www.angusandjuliastone.com
www.facebook.com/AngusAndJulia

/ David Lodhi /