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Unsere letzte Platte wird eine Death Metal-Platte – Interview mit Swutscher

Swutscher – was bei einigen wenigen Plattdüütsch-Insidern vielleicht Assoziationen mit einem liederlich lebenden Menschen auslöst, ist bei Musik-Gourmets schon lange kein Geheimtipp mehr. Das biertreibende Pub Rock-Quintett aus dem Norden hat am 25. Februar 2022 ihr zweites Album „Swutscher“ veröffentlicht, das Geschichten vom Leben und der Geselligkeit erzählt, oft gepaart mit Alkohol und diesem Moment, wenn sich unter Einfluss von Alkohol etwas in den Menschen löst.

In virtuell-geselliger Runde haben wir uns mit den Bandmitgliedern Sascha, Velvet, Martin, Mike und Sebastian zum Nachmittagsplausch verabredet und sind dabei auf eine Band mit viel Humor gestoßen. Swutscher nehmen sich selbst nicht zu ernst und gehen ihre Musik trotzdem mit einer professionellen Ernsthaftigkeit an. Wir haben mit ihnen über ihr neues Album „Swutscher“, aber auch über ihren eigens gegründeten Pegelverein und schlecht gephotoshopte Bilder gesprochen.

„Behalt die Mönckebergstraße für dich
Der Glanz und Glamour oh er steht uns nicht“

Swutscher – Daheim

Die erste EP „WAHNWITZ“ ist 2016 erschienen, 2018 folgten das Debütalbum „Wilde Deutsche Prärie“ und 2020 die EP „Senf“. Dass sechs Jahre nach Gründung ausgerechnet das zweite Album selbstbetitelt ist und der erste Song auf dem Album „Daheim“ heißt, kann dabei kein Zufall sein. Seid ihr auch musikalisch zuhause angekommen?

Martin: Früher hat unser Sänger Sascha die Songs oft alleine geschrieben, wir als Band haben die Songs dann vertont und arrangiert. Aber jetzt haben wir die komplett von Anfang an zusammen geschrieben und können uns da als Swutscher richtig präsentieren – daher nennen wir das Album jetzt „Swutscher“.

Mike: Wir sind auch freundschaftlich durch die langen Touren und das, was man alles erlebt hat, durch die Hochs und Tiefs, durch die wir gegangen sind, näher aneinandergerückt. Bei der ersten Platte war es noch so ein zusammengewürfelter Haufen, wir mussten uns erst einmal kennenlernen und finden. Jetzt sind wir eine eingefleischte Truppe. Wir haben alle uns gegenseitig sehr lieb und deswegen war es an der Zeit, das Album „Swutscher“ zu nennen.

Velvet: Wir sind aber auch immer in dem daheim, was wir gerade machen. Ich würde nicht sagen, dass wir mit dieser Platte jetzt unseren Sound festgemeißelt haben. Bei Swutscher haben wir so viele Einflüsse, weil wir aus unterschiedlichen Richtungen kommen und nebenbei auch noch andere Projekte haben, deswegen haben wir versucht, mit der Platte was Neues zu machen und das versuchen wir dann auch mit der weiteren Musik, die wir machen werden.

Sascha: Ich habe auch vor Kurzem erst angeteasert, dass die letzte Platte, die wir aufnehmen werden, eine Death Metal-Platte werden wird. Das mag in 30 oder 40 Jahren sein, aber es wird eine Death Metal-Platte. *lacht*

Und wenn es mal so eine Platte von euch gibt, weiß man, dass Swutscher an den Nagel gehängt wurde. Bis dahin können wir uns aber hoffentlich noch auf viele weitere Alben und Songs von euch freuen. Das erste Album habt ihr noch ganz im Stile des Vagabundentums in einem Bauwagen in Schlewig-Holstein aufgenommen. Wie war es bei zweiten Album?

Sascha: Wir haben uns entschieden, die Platte zum ersten Mal außerhalb aufzunehmen an einem neutralen Ort – bei Watt ‘n Sound Studio in Nordfriesland, die erste Hälfte des Albums. Das war grundsätzlich neu für uns, dass wir alle gemeinsam an einem Ort waren und aufgenommen und geschrieben haben. Und die zweite Hälfte haben wir dann auch wiederum geschlossen im Studio in Hamburg aufgenommen, also quasi in zwei Blöcken aufgeteilt und das ist grundsätzlich ganz anders als wie wir sonst immer darangegangen sind. Gerade beim ersten Album, das haben wir im Bauwagen bei Martin aufgenommen, eher alles zusammengewürfelt. Die ganze Aufnahmeprozedur war dieses Mal abgestimmter, professioneller, aber auch in sich ruhiger.

Eure Songs drehen sich um das bittersüße Leben und die Geselligkeit, die auch durch alkoholgetränkte und durchzechte Nächte entsteht. Trotz deiner mitunter brachialen Stimme, Sascha, versprühen alle Songs auf dem Album textlich und melodisch eine überzeugende Wärme. Dass ihr eine gesellige Band seid, der der Kontakt zu den Fans wichtig ist, zeigt nicht zuletzt auch euer eigens initiierter Pegelverein. Was hat es damit auf sich?

Maik: Der Pegelverein ist in der Pandemie-Zeit entstanden, als die sozialen Medien an Überhand gewonnen haben und das der einzige Weg war, mit Leuten in Kontakt zu treten. Da wollten wir eine Vernetzung schaffen zwischen Leuten, die Gemeinsamkeiten haben, wie z.B. Musik oder auch Bier. Es gab schon einige virtuelle Treffen, aber wir werden irgendwann, wenn sich die Lage wieder entspannt, auch wieder zusammen feiern und tatsächliche Präsenztreffen machen. Velvet: Es ist frei für alle und einfach ein Ort, um gemeinsam zu sein, Gleichgesinnte zu treffen und sich auszutauschen. Das war mehr oder weniger auch eine Schnapsidee, als wir irgendwann einfach auf diesen Namen kamen. Wir haben uns eigentlich selbst als Pegelverein gesehen, weil wir uns in den Lockdowns natürlich auch wenig in Echt gesehen und viele Treffen über Zoom oder Skype gemacht haben, um Sachen zu besprechen. Und mit 5/6 Leuten in der Band ist das dann halt auch wie ein Vereinstreffen. Damit ist dann auch der Pegelverein losgetreten worden.

Mit eurem ersten Album wart ihr bei dem Label Staatsakt gesignt – zusammen mit etwa Isolation Berlin, International Music oder Pauls Jets. Warum seid ihr von diesem Label zu eurem quasi bandeigenen Label La Pochette Surprise gewechselt, das Velvet betreibt?

Sascha: Weil wir es selber machen und in der Hand haben wollten. Man hat einfach viel mehr Entscheidungsfreiheit und kann es viel besser für sich und auch für die Band abstimmen. Für mich war das etwas sehr Wohltuendes, dann wieder Dinge selber in die Hand zu nehmen und selber zu besprechen, wie man es machen möchte.

Velvet: Es war irgendwie einfach auch nur logisch, weil wir auch eh alles immer selbst produziert haben. Und klar, Staatsakt ist ein cooles Label und hat uns auf jeden Fall auch sehr viel genützt, aber es ist ein Berliner Label, da ist man dann auch nicht so gut im Austausch über die Entfernung. Jetzt sind wir z.B. mit der ortsansässigen Promo-Agentur besser verknüpft, man kann einfach mal rumkommen und trifft sich auch mal so einfach. Das ist ein regerer Austausch und hat etwas einfachere Kommunikationswege. Natürlich ist das für mich als Labelbetreiber auch cool, meine eigene Band mit raus zu bringen.

Das Signing bei Staatsakt hat euch ja sicherlich auch die Kooperationstour mit Isolation Berlin 2018 verschafft?

Sascha: Das war nicht Staatsakt, das war ganz allein Isolation Berlin selber. Der eigentliche Grund, warum die sich dazu entschieden haben, war unser Titelbild auf Facebook, was die Band angesprochen hat. Das war damals der alte Markplatz auf dem Rhen, ein riesen Hochhaus. Das wurde sehr billig mit Photoshop geschmückt, es war sehr trashig und das hat der Band so gut gefallen, dass sie sich entschieden haben, dass wir lustig sein müssen und auf jeden Fall ein bisschen Support mitmachen müssen.

Die geplante Tour zu euer EP „Senf“ musste Anfang 2020 abgesagt werden. Wenn man eurem Ruf als exzessive Live-Band glauben mag, hat sich in den letzten zwei Jahren der Pandemie sicherlich viel Energie aufgestaut. Freut ihr euch?

Velvet: Mega, sehr surreal. Ich glaube es erst, wenn wir wirklich im Tourbus sitzen, die ersten Kilometer auf der Autobahn runtergerissen haben und dann wirklich auf der Bühne stehen.

Mike: Ja, es wird wild.

Sascha: Ich bin dahingegen sehr gemütlich geworden. Also ich denke mal, die Band wird eher wild sein und eher so eine Performance wie Leoniden machen, aber ich leg mich hin. *lacht*

Apropos gemütlich geworden – Ich finde die Ambivalenz spannend aus exzessivem Tourleben und „Rocker“-Dasein und so einem Song wie „Daheim“, der die Schönheit des Zuhauseseins beschreibt.

Sascha: Zu unseren Anfangszeiten war das schon eher ein harter Exzess, sehr kräftezerrend und auch nicht immer so gut wegzustecken. Wir sind natürlich auch in den zweieinhalb Jahren schon etwas ruhiger geworden, man wird ja auch älter und reflektiert ganz anders. Ich denke, jetzt wird es etwas angenehmer und entspannter, aber live natürlich weiterhin volle Kanne.

Jetzt steht erst einmal eine ausgiebige Tour zum Album an. Aber wie geht es danach weiter? Habt ihr schon Weiteres in Planung?

Martin: Wir haben da noch 1 oder 2 Songs in petto und haben uns für den Oktober schon auch wieder ins Watt ‘n Sound Studio eingemietet, um Songs zu schreiben. Fürs nächste Jahr wird da wahrscheinlich was Neues dabei sein.

Velvet: Es soll eigentlich direkt weitergehen. Gerade nach einem Haufen Shows ist man auch wieder drin und dann packt es. Es sollen nicht wieder 4 Jahre vergehen zwischen zwei Alben.

Das klingt nach viel Elan und Motivation. Wo kommen euch denn die besten Songideen?

Sebastian: Vieles, was wir beim Jammen ausgebaut haben, ist oft auch beim Soundcheck entstanden. Teilweise existieren solche Demos dann auch noch unter dem Namen des Ortes, die heißen dann z.B. „Leipzig Funk“ oder so ähnlich.

Velvet: Und Texte entstehen auch auf Tour, wir haben den Song „Auf Achse“ und der spricht ja auch genau das an, was wir in der Zeit gemacht haben. Es ist natürlich eine Inspirationsquelle, auf Tour zu sein. Auch, weil man einfach 24 Stunden komplett mit Musik umgeben ist.

Wir sagen – vielen Dank für das Interview und freuen uns auf das Konzert am 18. Mai im MUZ Club!

PS: Bei unseren Freunen von Tommy und Brit findet ihr das Interview auch in einer Hörversion.

Swutscher im Netz:
Website
Instagram

Swutscher in Echt:
20.04.2022 A- Wien – Rhiz
21.04.2022 München – Heppel & Ettlich
22.04.2022 CH-Basel – Hirscheneck
23.04.2022 Stuttgart – Club Cann
28.04.2022 Düsseldorf – KulturSchlachthof
29.04.2022 Husum – Speicher
30.04.2022 Hamburg – Molotow
05.05.2022 Kassel – Goldgrube
06.05.2022 Münster – Gleis 22
07.05.2022 Bremen – Tower
08.05.2022 Hannover – Bei Chez Heinz
17.05.2022 Köln – Bumann & Sohn
18.05.2022 Nürnberg – Muz Club
19.05.2022 Chemnitz – Nikola Tesla
20.05.2022 Dresden – Groove Station
21.05.2022 Berlin – Urban Spree
04.11.2022 Lüneburg – Salon Hansen
05.11.2022 Wolfsburg, Sauna Club

// Interview: Sarah Grodd //
// Foto: Manuel Tröndle //